Chemnitz entwickelt sich zum "sächsischen Manchester"

Zu den pulsierenden Zentren der Industrialisierung zählten im Königreich Sachsen einerseits die traditionsreichen Großstädte Leipzig (zum Beispiel Druckwesen) und Dresden (zum Beispiel Gesundheitswesen/Kosmetik).

Im Anschluss an Erfindungen und Firmengründungen in Orten wie Limbach, Langensalza, Plauen oder Lauchhammer entwickelte sich andererseits Chemnitz zur dritten sächsischen Großstadt und zum deutschlandweiten Zentrum der Industrialisierung, nunmehr bekannt als „sächsisches Manchester“. Mit dem Einsatz der ersten Spinnmühlen um die Jahrhundertwende hatte hier die wirtschaftliche Revolution des 19. Jahrhunderts im großen Stile eingesetzt. An die Stelle der menschlichen Arbeitskraft war die mechanisch betriebene Maschine getreten - anfangs aus England eingeführt und ab 1807 eigenständig in Chemnitz gebaut. Hier stand nun die Wiege des industriellen Maschinenbaus.

Die Produktion von Textilien in den Regionen Erzgebirge, Vogtland, Westsachsen und Oberlausitz war am weitesten verbreitet und umfasste den größten Beschäftigtenanteil Sachsens im 19. Jahrhundert.

Ein Spiegel der wirtschaftlichen Revolution ist die Bevölkerungsentwicklung: 1810 lebten in Chemnitz etwa 12.000 Einwohner, 1850 waren es bereits um 35.000, 1870 beinahe 70.000, 1900 schon über 200.000 und 1917 über 300.000.

Die sächsische Politik begleitete den wirtschaftlichen Wandel durch gezielte Fördermaßnahmen, so etwa für die mechanische Baumwollspinnerei nach 1798 oder durch erhebliche Anstrengungen zur allgemeinen Gewerbeförderung nach 1827. Seit 1833/1834 gehörte Sachsen dem Deutschen Zollverein an, was besonders der Textilindustrie zugute kam. Nachdem 1839 – einer eigens publizierten Schrift Friedrich Lists entsprechend - die erste deutsche Ferneisenbahnstrecke zwischen Leipzig und Dresden in Dienst genommen wurde, folgte der kontinuierliche Aufbau des dichtesten Schienennetzes in Mitteleuropa. 1839 stellte Johann Andreas Schubert in Dresden-Übigau seine „Saxonia“ fertig: die erste funktionstüchtige Lokomotive Kontinentaleuropas und der Schlusspunkt des englischen Monopols im Lokomotivenbau.