20 Jahre Sächsische Härtefallkommission

Pressemitteilung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung vom 27. Mai 2025

Dresden: 20 Jahre Sächsische Härtefallkommission – Diskussion über Humanität und Rechtsstaatlichkeit am 5. Juni 2025

Die Sächsische Härtefallkommission wird 20 Jahre alt. Anlässlich des Jubiläums laden die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung und der Sächsische Ausländerbeauftragte

am 5. Juni um 19 Uhr zu einem Podiumsgespräch in das Bürgerfoyer des Sächsischen Landtags ein.

Dazu Geert Mackenroth, Vorsitzender der Sächsischen Härtefallkommission und Sächsischer Ausländerbeauftragter: „Seit zwei Jahrzehnten zeigt die Härtefallkommission, dass es Konstellationen gibt, die im behördlichen Verfahren nicht sachgerecht gelöst werden können. Die Mitglieder beschäftigen sich intensiv mit den individuellen Schicksalen und entscheiden unabhängig jeden Einzelfall. Dass dabei der Staatsminister des Innern die wenigsten Härtefallersuchen ablehnt, unterstreicht das große Verantwortungsbewusstsein der Kommission.“

Mit den Erfahrungen aus zwei Jahrzehnten Sächsischer Härtefallkommission wollen ihr Vorsitzender und Sächsischer Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth sowie die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung zum Diskurs anregen:

  • Braucht es die Kommission noch – trotz weitreichender Aufenthaltsregelungen?
  • Was ist eine humanitäre Härte?
  • Sollte die Besetzung der Kommission geändert werden?
  • Konterkariert die Härtefallkommission Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sowie der Ausländerbehörden?
     

Es diskutieren:

  • Prof. Dr. Johannes Eichenhofer: Professor für Öffentliches Recht an der Universität Leipzig
  • Prof. Dr. Birgit Glorius: Professorin für Humangeographie mit dem Schwerpunkt Europäische Migrationsforschung an der TU Chemnitz
  • Mechthild Gatter: Mitglied der Sächsischen Härtefallkommission, Abteilungsleiterin für Fachberatung und Sozialpolitik bei der Caritas
  • Detlef Sittel: Mitglied der Sächsischen Härtefallkommission (2005-2023), ehemaliger erster Bürgermeister der LH Dresden

Die Moderation übernimmt Dr. Roland Löffler, Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung.

Zum Diskurs über die Zukunft der Sächsischen Härtefallkommission sagt Dr. Roland Löffler, Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung: „Die Arbeit der Sächsischen Härtefallkommission war für viele Menschen ein Glücksfall, ermöglichte sie doch in Einzelfällen aus humanitären Gründen ein Bleiberecht. Durch das Zusammenwirken staatlicher und gesellschaftlicher Stellen entstand ein breiter und differenzierter Blick auf Rechtslagen und individuelle Schicksale. Und doch stellt sich die Frage, ob solche Kommissionen wirklich zu einem modernen Rechtsstaat passen, der auf formale Verfahren Wert legt und Sonderregelungen vermeiden will. Wir freuen uns deshalb auf eine spannende Debatte, die sowohl die Erfahrungen der letzten 20 Jahre als auch die Zukunft der Kommission beleuchtet.“

Zum Hintergrund: Auf Bitten der Kommission können Ausländerinnen und Ausländer in Sachsen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären oder persönlichen Gründen durch den Staatsminister des Innern erhalten – trotz vollziehbarer Ausreisepflicht. Seit 2005 befasste sich die Sächsische Härtefallkommission mit insgesamt 675 Fällen. In 433 Anträgen sprachen sich die Kommissionsmitglieder für ein Härtefallersuchen aus. Die übrigen Fälle wurden zurückgezogen oder erreichten nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Seit Arbeitsbeginn der Kommission ordneten die jeweiligen Staatsminister des Innern insgesamt 398 Aufenthalte an; 25 Härtefallersuchen lehnten sie ab.

Die aktuellen Hauptherkunftsländer der Antragsteller sind Venezuela, Georgien und Irak.

Einzelschicksale – zwei Fälle aus zwanzig Jahren

  1. Ein junger Mann aus der Ukraine…
    kam 2024 im Alter von 21 Jahren nach Deutschland, wo seine Mutter und sein jüngerer Bruder seit Beginn des russischen Angriffskrieges lebten. Er selbst hatte zuvor in der Slowakei studiert. Sein Studium musste er abbrechen, weil bei ihm ein Hirntumor festgestellt wurde.

    Die notwendige Behandlung mit Chemotherapie und Bestrahlung brachte starke körperliche und psychische Nebenwirkungen mit sich. Seine Lebenserwartung wurde nur auf wenige Monate bis Jahre geschätzt.

    Die Härtefallkommission erkannte die persönliche Notlage und die enge familiäre Bindung an. Durch das Härtefallverfahren konnte für den Mann schnell Sicherheit geschaffen und die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt werden.
     
  2. Eine Mutter aus Georgien…
    reiste gemeinsam mit ihren damals minderjährigen Kindern 2013 nach Deutschland ein. Aufgrund der Aufenthaltsberechtigung des Ex-Ehemannes erhielten auch die gemeinsamen Töchter ein Aufenthaltsrecht und ihre Mutter einen Aufenthalt aus humanitären Gründen zur Ausübung der elterlichen Sorge. Die Töchter lebten seit jeher bei ihrer Mutter. Sie erwarben einen Schulabschluss und absolvierten eine Ausbildung. Zwischenzeitlich erhielten sie eine Niederlassungserlaubnis.  Der Aufenthalt für die Mutter, der an den Betreuungsbedarf der Töchter gebunden war, konnte nicht weiter verlängert werden. Andere aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten gab es nicht. Die Frau verfügte nach dem langen Aufenthalt jedoch über keine Bindungen mehr nach Georgien. Sie sprach nach einem Aufenthalt von 10 Jahren Deutsch und ging einer Beschäftigung nach. Die erwachsenen Töchter lebten weiterhin mit ihrer Mutter zusammen. Die zuständige Kommune sprach sich wegen der familiären Bindung, des langjährigen Aufenthalts und der Integrationsleistungen für ein Bleiberecht aus.

    Auf Vorschlag des Landkreises kam es – mit Unterstützung der Töchter und Arbeitskollegen – zu einem Härtefallverfahren. Die Härtefallkommission bejahte ein Bleiberecht – als Anerkennung der Lebensleistung und im Interesse des familiären Zusammenhalts.

Weitere Informationen zur Härtefallkommission, zum Verfahren und zur Besetzung der Kommission finden Sie auf unserer Website: https://sab.landtag.sachsen.de/de/haertefallkommission-19076.cshtml

Termin: 5. Juni 2025, ab 19:00 Uhr
Ort: Bürgerfoyer des Sächsischen Landtags, 01069 Dresden
Eintritt frei
Anmeldung erforderlich unter: https://eveeno.com/248562082

Pressekontakt:
Thomas Platz, 0351 85318-21,
Anton Hörtels, 0351 85318-30,