Diese Webseite möchte einen strukturierten Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen rund um das Thema Zuwanderung, Aufenthalt, Integration und Einbürgerung in Sachsen geben.
Hinweis: Die bereitgestellten Informationen dienen dabei ausschließlich der allgemeinen Information über gesetzliche Regelungen zur Zuwanderung, Migration und Integration in Sachsen und Deutschland und stellen keine rechtliche Beratung dar. Trotz sorgfältiger Recherche können wir keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit oder Vollständigkeit übernehmen. (Stand: Juli 2025)
1. Zuwanderung: Grundlagen
Die Bundesregierung ist für die Gestaltung der zentralen rechtlichen Rahmenbedingungen zuständig. Sie erlässt Gesetze, die bundesweit gelten, wie beispielsweise:
- das Aufenthaltsgesetz (AufenthG), Gesetzestext online
- das Asylgesetz (AsylG), Gesetzestext online
- das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), Gesetzestext online
- das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG), Informationen und Gesetzestext beim BMI
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) ist seit März 2020 in Kraft und wurde in mehreren Stufen erweitert, um die Einwanderung qualifizierter Fachkräfte zu erleichtern. Es regelt insbesondere die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten und deren Zugang zum Arbeitsmarkt. Diese Gesetze regeln, wer nach Deutschland einreisen darf, wie lange jemand bleiben kann, wann eine Erwerbstätigkeit erlaubt ist und wer Anspruch auf Schutz oder Einbürgerung hat.
Zuständig für die Ausführung ist auf Bundesebene insbesondere das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Es entscheidet über Asylanträge, entwickelt Integrationskurse und wirkt bei vielen migrationsbezogenen Verfahren mit. Das BAMF untersteht dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und spielt eine zentrale Rolle in der Koordination migrationspolitischer Maßnahmen.
Das Asylrecht ist im Grundgesetz verankert: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Artikel 16a GG bildet die verfassungsrechtliche Grundlage für Asylverfahren.
Die Länder – also auch der Freistaat Sachsen – sind vor allem für die Umsetzung des Bundesrechts im Bereich Migration und Aufenthaltsrecht zuständig. Das bedeutet:
- Das Sächsische Staatsministerium des Innern (SMI) ist die oberste Ausländerbehörde im Freistaat Sachsen.
- Die operative Umsetzung erfolgt u. a. durch die Landesdirektion Sachsen sowie durch die kommunalen Ausländerbehörden in Städten und Landkreisen.
- Diese kommunalen Ausländerbehörden sind zuständig für die Bearbeitung von Aufenthaltstiteln, Duldungen und die Durchführung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen (z. B. Abschiebungen).
- Der Freistaat Sachsen organisiert die Verteilung und Unterbringung von Schutzsuchenden. Die Verteilung erfolgt bundesweit nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel, der sich an der Bevölkerungszahl und den Steuereinnahmen der Länder orientiert.
- Sachsen fördert Integrationsmaßnahmen, darunter Sprachkurse, berufliche Qualifizierungsangebote und interkulturelle Projekte – häufig in Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Trägern.
- Beim Sächsischen Staatsministerium des Innern ist außerdem eine Härtefallkommission eingerichtet. Auf Grundlage von § 23a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) kann das SMI einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilen, wenn die Kommission dies beantragt und dringende humanitäre oder persönliche Gründe für einen weiteren Aufenthalt in Deutschland festgestellt werden. Die Entscheidung liegt im Ermessen des Ministeriums. Vorsitzender der Sächsischen Härtefallkommission ist der Sächsische Ausländerbeauftragte.
Als Mitglied der Europäischen Union ist Deutschland an das EU-Recht gebunden. Besonders relevant im Bereich Migration und Asyl sind dabei folgende Regelungen:
- Dublin-III-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 604/2013): Sie regelt, welcher EU-Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist – in der Regel das Land der ersten Einreise. Die Verordnung soll Mehrfachanträge („Asylshopping“) verhindern, führt jedoch in der Praxis häufig zu Belastungen für die Erstaufnahmeländer an den EU-Außengrenzen und zu rechtlichen Auseinandersetzungen über Zuständigkeiten. (Link)
- Freizügigkeit für Unionsbürger:innen (Freizügigkeitsgesetz/EU): EU-Bürger:innen können sich grundsätzlich frei in anderen EU-Staaten bewegen und aufhalten. Die rechtliche Grundlage bildet das Freizügigkeitsgesetz/EU. Für Aufenthalte über drei Monate können Voraussetzungen wie Erwerbstätigkeit, ausreichende Existenzmittel oder Krankenversicherungspflicht bestehen. Eine behördliche Anmeldung kann erforderlich sein, ein Aufenthaltstitel hingegen nicht.
- EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU): Diese Richtlinie legt Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in der EU fest, etwa zu Unterbringung, Gesundheitsversorgung oder Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt während des Asylverfahrens.
- Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS): Das GEAS umfasst mehrere EU-Richtlinien und -Verordnungen, darunter die Aufnahmerichtlinie, Verfahrensrichtlinie, Qualifikationsrichtlinie und Dublin-III-Verordnung. Ziel ist eine Harmonisierung der Asylstandards in der EU. Das GEAS befindet sich aktuell (Stand: 2025) in einer tiefgreifenden Reformphase, u. a. mit dem geplanten Gemeinsamen Asylverfahren und einem Grenzverfahren für Schnellprüfungen.
- Internationale Übereinkommen: Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 ist völkerrechtlich bindend und verpflichtet Vertragsstaaten zum Schutz von Personen, die wegen Verfolgung fliehen. In Deutschland sind die Vorgaben der GFK durch das Asylgesetz (AsylG) und Artikel 16a des Grundgesetzes umgesetzt.
2. Asyl und Flucht
Die zentrale gesetzliche Grundlage ist das Asylgesetz (AsylG). Es basiert auf dem Asylgrundrecht nach Artikel 16a des Grundgesetzes (GG) und internationalen Verträgen wie der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK).
Wichtige Rechtsgrundlagen:
Asylgesetz (AsylG):
- Regelt das Asylverfahren und die Anerkennung von politisch Verfolgten.
- Zum Gesetzestext AsylG
Artikel 16a Grundgesetz (GG):
- Gewährt politisch Verfolgten ein Asylrecht.
- Zum Artikel 16a GG
Genfer Flüchtlingskonvention (GFK):
- Internationale Grundlage für den Flüchtlingsschutz, auf der das Asylgesetz aufbaut.
- Zur UNHCR Genfer Flüchtlingskonvention
Voraussetzungen für Asyl
Asyl wird gewährt, wenn eine Person aus politischen Gründen im Herkunftsland verfolgt wird. Verfolgungsgründe sind nach § 3b AsylG z.B.:
- Rasse
- Religion
- Nationalität
- Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
- Politische Überzeugung
Ein Asylantrag kann nur gestellt werden, wenn die Person sich bereits auf deutschem Gebiet befindet (§ 13 AsylG).
Neben dem „Asyl“ gibt es weitere Schutzformen wie den subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) und das Abschiebungsverbot nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 60 AufenthG).
Verfahren
- Antragstellung: Personen, die in Deutschland Schutz suchen, müssen einen Asylantrag bei einer der Erstaufnahmeeinrichtungen stellen (§ 13 AsylG).
- Anhörung: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) führt eine persönliche Anhörung durch, um die Fluchtgründe zu klären (§ 25 AsylG).
- Entscheidung: Das BAMF entscheidet über den Asylantrag (§ 29 AsylG). Es erkennt Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) an oder weist den Antrag ab.
Rechte und Pflichten während des Verfahrens
- Während des Asylverfahrens haben Asylbewerber keinen Aufenthaltstitel, erhalten aber eine Duldung (§ 60a Aufenthaltsgesetz), die eine Abschiebung aussetzt.
- Die Unterbringung erfolgt meist in Gemeinschaftsunterkünften (§ 44 AsylG).
- Die Grundversorgung wird durch das Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Es herrscht Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts und medizinische Versorgung (§ 3 Asylbewerberleistungsgesetz).
- Nach Ablauf einer Wartezeit von 3 Monaten ist unter bestimmten Bedingungen der Zugang zum Arbeitsmarkt möglich (§ 61 Aufenthaltsgesetz).
- Antragstellende sind verpflichtet, bei der Aufklärung der Identität und der Fluchtgründe mitzuwirken (§ 15 AsylG).
Rechtsmittel
Gegen ablehnende Entscheidungen des BAMF kann innerhalb von 2 Wochen Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden (§ 68 AsylG). Das Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) regelt die weiteren Verfahrensdetails.
Hinweis: Die Dublin-III-Verordnung ist (Stand Juni 2025) zwar formal noch in Kraft, wird aber schrittweise durch das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) und insbesondere durch die Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement ersetzt, die die Zuständigkeiten für die Bearbeitung von Asylanträgen innerhalb der EU neu regelt.
Die Dublin-III-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 604/2013) regelt, welcher Mitgliedstaat der Europäischen Union für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Ziel ist es, Mehrfachanträge in verschiedenen EU-Staaten zu verhindern und die Verantwortlichkeiten klar zu verteilen.
Grundprinzipien der Dublin-III-Verordnung
- Erster zuständiger Staat: In der Regel ist das EU-Land zuständig, in dem der Asylsuchende zuerst europäischen Boden betritt.
- Familienzusammenführung: Angehörige dürfen im selben Staat einen Antrag stellen, wenn Familienbindungen bestehen.
- Besondere Schutzregelungen: Wenn ein Mitgliedstaat nicht in der Lage ist, eine angemessene Aufnahme zu gewährleisten, kann die Zuständigkeit auf einen anderen Staat übertragen werden.
- Anwendung von Fingerabdrücken: Mithilfe des europäischen Informationssystems Eurodac wird überprüft, ob der Antragsteller bereits in einem anderen EU-Land registriert wurde.
Ablauf und Verfahren
- Überstellungsverfahren: Wird festgestellt, dass ein anderer Mitgliedstaat zuständig ist, kann der Asylsuchende in diesen Staat überstellt werden.
- Fristen: Für die Überstellung gelten strenge Fristen – zum Beispiel muss die Überstellung innerhalb von sechs Monaten erfolgen, wenn keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprechen.
- Ausnahmen: In besonderen Fällen, z.B. bei Minderjährigen oder bei humanitären Gründen, kann von der Überstellung abgesehen werden.
Kritik und Herausforderungen
- Die Dublin-III-Verordnung führt in der Praxis häufig zu Belastungen bei den Staaten an den EU-Außengrenzen.
- Streitigkeiten entstehen oft durch unklare Zuständigkeiten und unterschiedliche Interpretationen.
Relevante Links und Dokumente
- Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-Verordnung):
EUR-Lex: Dublin III Verordnung - Eurodac-Verordnung (EU) Nr. 603/2013 (Fingerabdruck-Datenbank):
EUR-Lex: Eurodac Verordnung - Informationen vom BAMF zum Dublin-Verfahren:
BAMF: Dublin-Verfahren
Im Mai 2024 verabschiedete der Rat der Europäischen Union ein umfassendes Reformpaket für das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS). Dieses Paket zielt darauf ab, Asylverfahren in der EU effizienter zu gestalten und die Verantwortung gerechter unter den Mitgliedstaaten zu verteilen.
Zentrale Neuerungen:
- Grenzverfahren: Asylsuchende aus Herkunftsländern mit einer unionsweiten Anerkennungsquote von weniger als 20 % durchlaufen ein sogenanntes Grenzverfahren. Dieses Verfahren soll innerhalb von 7 Tagen abgeschlossen sein. Während dieser Zeit werden die Antragsteller in speziellen Einrichtungen an den EU-Außengrenzen untergebracht. Bei Ablehnung erfolgt eine unmittelbare Rückführung in das Herkunftsland oder einen sicheren Drittstaat.
- Solidaritätsmechanismus: Mitgliedstaaten können solidarisch reagieren, indem sie Asylsuchende aufnehmen oder finanzielle Beiträge leisten. Dieses System soll die Belastung einzelner Staaten mindern und eine faire Verteilung der Verantwortung ermöglichen.
- Kooperation mit Drittstaaten: Die EU verstärkt die Zusammenarbeit mit Drittstaaten durch Rückführungsabkommen und Unterstützungsmaßnahmen zur Verbesserung deren Asylsysteme. Ziel ist eine effektivere Steuerung der Migration und Erleichterung von Rückführungen abgelehnter Asylbewerber.
Umsetzung:
- Pressemitteilung des Bundesministerium des Innern zur "Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems: Kabinett beschließt Gesetzentwürfe zur Umsetzung" vom 6. November 2024
Weitere Informationen:
Migrations- und Asylpaket: Ein gemeinsames EU-System für das Migrationsmanagement - Überblicksdarstellung der Europäischen Kommission vom Mai 2024
Bundeszentrale für politische Bildung: Das EU-Migrations- und Asylpaket - Bestandsaufnahme eines Reformversuchs