Reichsbürger sind felsenfest davon überzeugt, dass Deutschland kein souveräner Staat, sondern eine Firma ist. Wir haben uns mit dem Staatsrechtler Arno Scherzberg von der Universität Erfurt die Behauptungen der Reichsbürger genauer angesehen.
Behauptung Nummer 1: Die Bundesrepublik Deutschland sei kein Staat, sondern eine GmbH. Der Beweis: Es gibt eine Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH.
Ziemlicher Humbug, denn: Die Bundesrepublik ist ein Staat, und kein Unternehmen. Das steht klipp und klar in Artikel 20, Absatz 1 des Grundgesetzes: Die Bundesrepublik ist mitgliedschaftlich verfasst und daher organisationsrechtlich eine sogenannte Körperschaft des öffentlichen Rechts. Schauen wir noch einmal auf diese „Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH“. Das ist – richtig – eine Firma: und zwar eine, die dem Staat gehört. Das ist ganz normal. Denn natürlich darf die Bundesrepublik auch Unternehmen gründen und betreiben. Solche staatlichen Unternehmen gibt es überall. Jeder kennt zum Beispiel die Deutsche Bahn. Die städtischen Energieversorger sind ebenfalls meist öffentliche Unternehmen.
Behauptung Nummer 2: Wir seien alle nur Angestellte – deswegen heißt es „Personal“-Ausweis.
Sehr schräge Argumentation. Auch die DDR hatte einen Personalausweis. War sie auch eine GmbH? Und wer Angestellter ist, müsste auch Geld verdienen – wir zahlen nur welches, nämlich Steuern.
Behauptung Nummer 3: Deutschland befinde sich immer noch im Kriegszustand mit den vier Siegermächten und sei immer noch besetzt.
Mit den Siegermächten stehen wir sicher nicht mehr im Kriegszustand, denn diese haben ja dem Zwei-plus-Vier-Vertrag zugestimmt, der die deutsche Wiedervereinigung möglich machte. Dort heißt es unter anderem in der Präambel: „IN DEM BEWUSSTSEIN, daß ihre Völker seit 1945 miteinander in Frieden leben …“ und in Artikel 7: „Die Französische Republik, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika beenden hiermit ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in Bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes.“ Damit ist das Besatzungsstatut aufgehoben und die Bundesrepublik vollständig souverän.
Behauptung Nummer 4: Das Grundgesetz sei keine Verfassung.
Was denn sonst? Es nennt sich nicht Verfassung, weil es als Provisorium gedacht war, aber es hat alle Funktionen einer Verfassung: die Regelung der Grundsätze der Staatlichkeit, der Ausübung der Staatsgewalt und des Staat-Bürger-Verhältnisses. Auch die angeblich fehlende Volksabstimmung über das Grundgesetz ändert nichts an der Gültigkeit des Grundgesetzes – schließlich wurde es von den Parlamenten der Länder und damit den gewählten Vertretern des Volkes verabschiedet.
Behauptung Nummer 5: Wenn ich meine Staatsbürgerschaft einwandfrei beweisen möchte, brauche ich angeblich einen sogenannten gelben Schein.
Diesen „gelben Schein“ gibt es wirklich: Nach § 30 Staatsangehörigkeitsgesetz wird die deutsche Staatsangehörigkeit auf Antrag von der Staatsangehörigkeitsbehörde festgestellt. Sie stellt dann einen Staatsangehörigkeitsausweis aus – den „gelben Schein“. Aber: Eine stinknormale Geburtsurkunde erfüllt denselben Zweck.