Ausstellungsstück 3: Verknüpfung von Steuerung und Erzählung

Die im letzten Ausstellungsstück angedeutete Verbindung zwischen Spielenden und Spielwelt lässt sich aber nicht nur über die Umgebung oder die Übergabe der Regie an Spielerin oder Spieler erzählen, sondern auch durch die Methode der Steuerung selbst. In dem Moment, in dem die Gesten und Eingaben am Controller den Abläufen auf dem Bildschirm entsprechen, löst sich die empfundene Trennung zwischen Spielwelt und Spielumgebung auf.

ACHTUNG: In der folgenden Szene werden psychische Krankheiten und Suizid thematisiert.

Als Beispiel dient weiterhin die Geschichte von Lewis aus „What Remains of Edith Finch“. Nachdem Edith, Lewis‘ Schwester und Protagonistin des Spiels, ihren Rundgang durch dessen Raum abschließt, stößt sie auf ein Schreiben. In ihm schildert Lewis‘ Psychiaterin, wie dieser nach erfolgreichem Entzug zwar wieder in einen Alltag findet, sich jedoch zunehmend in eine von ihm erdachte Welt flüchtet, um der realen Sinnkrise zu entkommen. Die erschütternde Erzählung, welche schließlich im Suizid endet, wird den Spielenden dabei haptisch vermittelt: Während man gezwungen ist, mit dem rechten Stick des Controllers (siehe Bild oben) die monotonen Abläufe an Lewis‘ Arbeitsplatz zu verrichten, wird der Protagonist der imaginierten Welt mit dem linken Stick gesteuert – gleichzeitig. In dem Maße, in dem sich Lewis‘ der Tristesse seines Alltags entzieht, wächst das einstmalig als kleiner Ausschnitt eingeführte Fenster in die andere Welt, bis diese schließlich sämtlichen Raum des Denkens einnimmt. Die Akkordarbeit, der Lewis nachgeht, wird von den Spielenden schließlich selbst wie automatisch und vollkommen automatisiert mit der rechten Hand ausgeführt, nur in seltenen Momenten erinnert Lewis sich und die Spielenden daran, seiner Arbeit nachzugehen, bevor er in seiner eigenen Welt weiterziehen kann. Der erzählte Wandel in Lewis‘ Persönlichkeit findet so auch in den Spielenden selbst statt, wodurch der finale Suizid ohne jedwede Gewaltdarstellung und in kindlich-metaphorischer Bildlichkeit dennoch einen realeren Schock auslöst als jede überstilisierte Darstellung von Grausamkeit.