Der Schwarze Schwan

Dem sächsischen Mittelstand geht es den Umständen entsprechend gut. Das Corona-Virus und die Maßnahmen dagegen haben die sächsische Wirtschaft mitgenommen, aber nicht in die Knie gezwungen.

Die Wirtschaft in Sachsen wird sich erholen, so der Tenor der ersten beiden Bürgerdebatten der neuen Reihe “Aus der Krise lernen? Offene Gesellschaft in der (Post-)Corona-Phase”. Dr. Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden, beobachtet momentan “ein ambivalentes Stimmungsbild”. Brzezinski, der zum Auftakt der Reihe am 8. Juni als fachlicher Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger in der Debatte zur Verfügung stand, erklärte: “Die Unternehmen fahren ihre Geschäfte wieder hoch, sind aber noch weit entfernt von einer Normalität.” Noch immer befänden sich zahlreiche Beschäftigte in Kurzarbeit und noch immer füllten sich die Auftragsbücher nur langsam. Einige Branchen wie Tourismus oder Gastronomie würden wahrscheinlich langfristiger und stärker unter der Krise leiden als beispielsweise die Baubranche. “Viele Bereiche des Handwerks sind systemrelevant”, sagte Brzezinski. Dennoch würde wahrscheinlich erst im Herbst das komplette Ausmaß der Coronakrise absehbar. Derzeit registrieren er und seine Kollegen keinen Anstieg der Insolvenzen. Das kann sich ändern. Die Krise habe alle überrascht: “Corona war der schwarze Schwan, von dem keiner denkt, dass es ihn gibt”, sagte er. “Die sächsischen Unternehmen werden dennoch gestärkt durch die Krise kommen.” 

Schwung holen und Anschub bekommen

Einen wichtigen Beitrag dazu kann seiner Ansicht nach das von der Bundesregierung beschlossene Konjunkturpaket in Höhe von 130 Milliarden Euro leisten. Bereits im Mai hatten alle sächsischen Kammern ein sächsisches Investitionsprogramm in Höhe von einer Milliarde Euro gefordert, unter anderem, um die Infrastruktur zu modernisieren, privatwirtschaftliche Investitionen zu fördern und die duale Berufsausbildung auszubauen. Durch öffentliche Aufträge und die gemeinsame Entwicklung neuer Projekte müsse die sächsische Wirtschaft jetzt Schwung holen und Anschub bekommen: “Der Wumms, von dem Finanzminister Olaf Scholz sprach, muss jetzt auf die Straße kommen”, sagte Andreas Brzezinski. Bei einer zweiten oder dritten Corona-Welle werde die Politik mit großer Sicherheit verhaltener reagieren. Deswegen sei es wichtig, jetzt auch mit staatlicher Hilfe schnell wieder auf die Beine zu kommen.

Als Sachsen in Europa zuhause

Optimistisch betrachtet hat der Mittelstand im Freistaat jetzt die Möglichkeit, sich in der Krise neu zu erfinden - das zumindest prognostizierte Sylvia Pfefferkorn in der Debatte am 9. Juni. Die Inhaberin der Dresdner Werbeagentur Pfefferkorn and Friends und Mitbegründerin des Vereins Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen sieht in den Umbruchserfahrungen der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat einen Vorteil, auch diese Krise souverän zu bewältigen. Entsprechend die Stimmung: “Der Mittelstand in Sachsen verhält sich gerade vorsichtig und kämpferisch”, sagte Pfefferkorn. Will die sächsische Wirtschaft zukünftig bestehen, sollte sie die Chance der Krise ergreifen und “sich jetzt da positionieren, wo man in Zukunft Geld verdient: Nicht mit Massenproduktion, sondern mit schlauen Köpfen.” Im Konjunkturpaket der Bundesregierung sieht sie deswegen ein “Investment in die Zukunft” und sie plädierte dafür, neue Berufsbilder zu schaffen, anstatt nur den Verlust alter Bilder zu beklagen. Als Beispiel brachte Pfefferkorn den Gabelstaplerfahrer, der sich weiterbildet und nun in der Lage ist, das Lager digital neu zu organisieren. Ebenso betonte die Unternehmerin die Bedeutung ausländischer Fachkräfte für die sächsische Wirtschaft. In einem Exportland wie Sachsen könne niemand auf dieses Potential verzichten. Sie wünscht sich darum für die Zukunft: “Wir müssen uns als Sachsen in Europa zuhause fühlen. Unsere Historie sollten wir ummünzen in Weltoffenheit und das auch hinausposaunen.” 

Bis zum 17. Juli veranstaltet die SLpB Online-Bürgerdebatten, in der die Menschen im Freistaat aufgerufen sind, mit Fachleuten über die Folgen der Coronakrise zu diskutieren. Die nächste Bürgerdebatte findet heute Abend und am Freitag, dem 12. Juni, ab 19 Uhr statt. Weitere Informationen finden Sie unter www.slpb.de/veranstaltungen/aus-der-krise-lernen