RAA Leipzig e.V. - Kommunale Organisation und Praxis der Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen gegen Diskriminierung und rechte Gewalt

 

Die Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen (RAA) wurden in den frühen 1990er Jahren in den neuen Bundesländern gegründet, um auf die gesellschaftlichen Herausforderungen um Umgang mit Diskriminierung und rechter Gewalt zu reagieren. Durch das zivilgesellschaftliche Engagement der RAA Leipzig e.V. und ähnlichen Organisationen wurde das demokratische Miteinander in der Stadt Leipzig gestärkt. Sie förderten Offenheit und Toleranz und setzten ein bedeutendes Zeichen gegen Ausgrenzung und Rechtsextremismus.

Die ersten RAAs entstanden Anfang der achtziger Jahre in Nordrhein-Westfalen mit dem Augenmerk auf die Integration von Migrantinnen und Migranten und dem Thema Schulöffnung und Schulentwicklung. „Die Integration von Kindern mit Migrationserfahrung (…) ließ sich aber nicht ohne Weiteres auf ostdeutsche Verhältnisse übertragen. Für uns ging es weniger um „Integration“, als vielmehr darum, die Gesellschaft insgesamt für Öffnung und Offenheit zu sensibilisieren“, erklärt Anetta Kahane, die 1991 die RAA Berlin als erste RAA in Ostdeutschland gründete. Später übernahmen 20 Städte in Ostdeutschland das Berliner Modell. Mit dem gemeinsamen Ziel, das demokratische Zusammenleben zu stärken und gleichberechtigte Bildungschancen zu fördern, entwickelten die RAAs, jede mit ihren eigenen Schwerpunkten, Angebote für verschiedene Zielgruppen in schulischen, außerschulischen und kommunalen Bereichen. Die RAA Berlin als Impulsgeberin und Beraterin spielte dabei eine zentrale Rolle.

In Leipzig wurde die RAA Leipzig e.V. auf Initiative des Ausländerbeauftragten der Stadt, Stojan Gugutschkow, gegründet. Er war seit Mai 1990 der erste kommunale Ausländerbeauftragte in den östlichen Bundesländern. Die Einrichtung dieser Stelle wurde im Frühjahr 1990 vom Runden Tisch der Stadt beschlossen. „Leipzig war damals die erste ostdeutsche Kommune, die ein Ausländerbeauftragten-Referat etablierte, wenngleich die Menschen 1990 zunächst ganz andere Dinge bewegten als die Integration von Ausländern“, erzählt Stojan Gugutschkow in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung. Zu dieser Zeit war die Stadt von gesellschaftspolitischen Umbrüchen, wie zum Beispiel der Schließung vieler DDR-Betriebe, geprägt. Viele Bürgerinnen und Bürger in Leipzig verloren ihre Arbeitsplätze, was auch  für die Vertragsarbeiter aus der DDR schwerwiegende Folgen hatte. Sie wurden arbeitslos und ihre Unterkünfte wurden geschlossen. „Hinzu kam, dass der Bund eben begann, auch Leipzig Asylbewerber zuzuteilen. Wofür wir gar nicht gerüstet waren“, sagt Gugutschkow. Die erste Unterkunft, ein ehemaliges Betriebswohnheim in der Liliensteinstraße, war schnell überfüllt, und es wurden Sporthallen, Zelte und Bauarbeiterwagen als Notunterkünfte genutzt.

Außerdem stieg die Zahl der gewalttätigen Ausschreitungen. Laut Gugutschkow waren die Täter „meist [..] jugendliche Arbeitslose mit niedrigem Bildungsstand“. Er erklärte den Zusammenhang zwischen sozialer Not und Ausländerfeindlichkeit so: „Viele hätten Angst, dass die Ausländer ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen“.

Als damaliger Ausländerbeauftragter der Stadt nahm Gugutschkow die Herausforderung an, die gesellschaftspolitischen Veränderungen im Umgang mit Diskriminierung und rechter Gewalt anzugehen. Mit dem Ansatz der RAA, die Gesellschaft durch Bildung zu verändern, gründete er 1991 ein regionales Bildungs- und Begegnungszentrum. „Zu uns kommen sehr viele Lehrer, die sich Anregungen für die Diskussion über Ausländerfeindlichkeit mit ihren Schülern holen“, berichtet er. Im Jahr 1993 wurde aus diesem Zentrum der Verein RAA Leipzig e.V. gegründet, der umfassende Veränderungsprozesse anstieß. Neben der Schule und der Jugendhilfe erweiterte der Verein seine Aktivitäten auf Bereiche wie Beratungsstellen, Sprach- und Integrationsvermittlung. Heutet bietet die Beratungsstelle Salve Migrantinnen, Geflüchteten und Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, die in eigener Wohnung leben, umfassende Unterstützung und Hilfe bei der Bewältigung des Alltags in Deutschland. Die Opferberatung richtet sich an Menschen, die aufgrund verschiedener Gründe wie rassistischer oder antisemitischer Motive, Wohnungslosigkeit, Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, Behinderung, politischer Einstellung oder Engagement gegen Rechts von Gewalt oder Diskriminierung betroffen sind.

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