Einwanderung der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler seit 1990

Seit 1990 sind ca. 115.000 Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler nach Sachsen gekommen. Seit 1996 gingen die Zuzugszahlen stetig zurück. 2011 kamen nur noch 110 Spätaussiedler nach Sachsen.

Wer sind Aussiedlerinnen und Aussiedler?

Aussiedlerinnen und Aussiedler sind deutsche Staatsangehörige oder "Volkszugehörige", die ihren Wohnsitz in den ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reiches hatten. Diesen Wohnsitz haben sie durch die Vertreibungen im und nach dem Zweiten Weltkrieg verloren oder sie erfuhren nach den Vertreibungen aufgrund ihrer deutschen Volkszugehörigkeit Benachteiligungen. Sie sind deshalb nach Deutschland „zurückgekehrt“.

Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler im amtlichen Sprachgebrauch

Spätaussiedler sind im amtlichen Sprachgebrauch seit dem 1. Januar 1993 Menschen, die im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens als deutsche Volkszugehörige nach Deutschland übergesiedelt sind. Vorher wurden sie nach dem Bundesvertriebenengesetz als Aussiedler bezeichnet. Der Begriff umfasst vor allem die Angehörigen von deutschen Minderheiten, deren Familien teilweise seit Generationen in Ostmitteleuropa, Osteuropa, Südosteuropa und teilweise in Asien gelebt haben und die seit 1950 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind.

Die (Spät)- Aussiedlerinnen und Aussiedler sind eine der größten Einwanderungsgruppen in Deutschland.

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick mit den relevanten Daten und rechtlichen Veränderungen über die Geschichte der Einwanderung der (Spät)- Aussiedlerinnen und Aussiedler aufgezeigt werden. Die angegebenen Zeitabschnitte ergeben sich immer aus den zu der Zeit herrschenden Regelungen und Vorgaben.

1,05 Millionen Aussiedlerinnen und Aussiedler von 1950-1990 in Westdeutschland

Die rechtliche Grundlage zur Regelung der Aufnahme der Aussiedlerinnen und Aussiedler lag im Artikel 116, Abschnitt 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland: „Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte/in oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat“.

Am 15.5.1953 trat das Bundesvertriebenengesetz in Kraft. Nach der allgemeinen Vertreibung deutscher Volkszugehöriger aus den Ostblockstaaten, sollten diese eine erleichterte Möglichkeit haben, nach Deutschland kommen zu können. Die Aussiedlungen waren recht ungeregelt, die Menschen flohen aus den Regionen oder konnten Tourismusvisa nutzen, um nach Deutschland zu kommen. Die Ausreisemöglichkeit war jeweils vom Herkunftsland abhängig und wurde teilweise unterstützt oder teilweise behindert, beispielsweise wurde in Rumänien die Ausreise finanziell unterstützt. Von 1956 bis 1959 kamen beispielsweise 250.000 Aussiedler aus der Volksrepublik Polen.

Mit der Perestroika ,der Friedlichen Revolution und den damit verbundenen Grenzöffnungen änderte sich die Situation. Mit der Möglichkeit, sich für ein Auswanderungsland frei zu entscheiden, kamen zwischen 1987 und 1990 1,05 Millionen Aussiedlerinnen und Aussiedler in die Bundesrepublik.

Die Jahre 1990-1992: Ein neues Aufnahmeverfahren

Im Zuge der Wiedervereinigung war die Bundesregierung bemüht, die Aufnahme der Aussiedlerinnen und Aussiedler besser zu steuern. Am 01.07.1990 trat das „Aussiedleraufnahmegesetz“ in Kraft.

Von nun an musste der Aufnahmeantrag im Herkunftsland gestellt werden. Das Bundesverwaltungsamt und das aufnehmende Bundesland stellten in Absprache miteinander einen Aufnahmebescheid aus. Der Vertriebenenausweis wurde dann erst in Deutschland ausgestellt.
Dadurch wollte man die Zeitpunkte der Einreise planbar machen und sowohl Unterbringung als auch Verpflegung besser steuern. Die Einreise selbst wurde dann unterstützt, zum Beispiel durch finanzielle Zuwendungen für den Flug.

Diese Regelung mit ihrer aufwendigen Bürokratie führte zu langen Wartezeiten für die Antragstellenden. In dieser Zeit kamen nur noch ca. die Hälfte der Menschen jährlich in die Bundesrepublik, die Anzahl der Anträge stieg allerdings stark an.

Die Jahre 1993-1995: Das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz

1993 wurde das Ende der Nachkriegszeit signalisiert. Zum 01.01.1993 trat das „Kriegsfolgenbereinigungsgesetz“ in Kraft. Es beinhaltete eine Regelung für sogenannte „SpätaussiedlerInnen“. Mit diesem Begriff wurden jene Menschen bezeichnet, die das Herkunftsland durch ein Aufnahmeverfahren nach dem 31.12.1992 verlassen haben. Hinzu kam eine neue Regelung für deutsche Volkszugehörige, die nach dem 31.12.1992 geboren wurden. Für sie galten folgende Voraussetzungen: Sie musste von einer Person der „Erlebnisgeneration“ abstammen, die familiäre Vermittlung von bestätigenden Maßnahmen wie Sprache, Erziehung und Kultur nachweisen und ein Bekenntnis durch die Nationalitätenerklärung abgeben. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Kriegsfolgenbedingte Gründe für Aussiedlung angenommen, diese mussten nun nachgewiesen werden. Eine Ausnahme stellten hier Menschen aus ehemaligen Sowjetstaaten sowie den baltischen Staaten dar.
 

Die Zahl der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, welche Deutschland jährlich aufzunehmen hatte, einschließlich der EhepartnerInnen und Kinder, war auf ca. 225.000 Personen beschränkt. Davon musste Sachsen 6,5% aufnehmen. Am Ende des Jahres 1993 befanden sich 14.237 AussiedlerInnen in Sachsen. 1994 kamen 17.173 Personen und 1995 11.831 Personen.  Jede sechste bis 1994 in Sachsen als Aussiedler aufgenommene Person entschied sich für einen Wohnsitzwechsel in die alten Bundesländer. Sowohl die familiäre Bindung als auch die bessere Arbeitsmarktsituation bewegten die Menschen zu diesem Umzug.

Die Jahre 1996-2004: Wohnortzuweisung und Integration

Am 26. 02. 1996 wurde festgelegt, dass der vorläufige Wohnort für die Ausgesiedelten zugeteilt würde. Wenn die Personen sich nicht an die Wohnortzuweisung hielten, konnte dies mit dem Ausschluss aus den Sozialleistungen sanktioniert werden.

In der Realität suchten sich die Menschen den Wohnort jedoch häufig selbst. Dadurch kam es an manchen Orten zu einer hohen Anzahl von (Spät)-Aussiedlerinnen und (Spät)-Aussiedlern. In Ostdeutschland waren nur 20% aller (Spät)- Aussiedlerinnen und – Aussiedler angesiedelt, während die restlichen 80% in Westdeutschland lebten. Die deutschen Sprachkenntnisse waren allgemein sehr niedrig und es kam zu geringer Interaktion mit Anderssprachigen. 

Eine offizielle Evaluation der Folgen der Verteilungspolitik bezüglich der Spätaussiedler für die Arbeitsmarktbeteiligung kommt zu dem Schluss, dass die Personen, welche eine bestimmte Region zugewiesen bekommen haben, häufiger arbeitslos waren, als jene die sich selbst einen Wohnort gewählt haben. Solche, die sich ihren Wohnort nicht selbst wählen konnten, hatten innerhalb der ersten drei Jahre 35% Prozent eine Arbeit, nach drei Jahren waren es 50%. In der Gruppe mit Personen, die ihren Wohnort selbst wählen konnten, waren innerhalb der ersten drei Jahre 49% in Beschäftigung und nach drei Jahren 58%.

Gleichzeitig wurde versucht, die Integration zu fördern. Es wurden mehr Sprachkurse angeboten, sowie Eingliederungshilfen bei der Arbeitsverwaltung geschaffen. Ab Mitte 1996 wurden sogenannte Sprachtests bei den Verwaltungsverfahren eingeführt. Diese waren nicht wiederholbar. Es sollte ein einfacher Austausch über Alltagsthemen überprüft werden. Ab März 1997 wurden diese Sprachtests dann verpflichtend für die Spätaussiedler. Familienangehörige oder Ehepartner, die im Aufnahmeantrag angegeben waren, waren von dieser Regelung nicht betroffen. Um diese Sprachtests bewältigen zu können, wurden auch in den Herkunftsländern Sprachzentren eingeführt und die Angebote in Deutschland erweitert.

Die Jahre 2005-2007: Sprachanforderungen und Erleichterungen

Die Sprachkenntnisse wurden als immer wichtiger anerkannt und wurden nun auch für die in den Antrag Einbezogenen abgefragt. Sie sollten ein A1 Sprachniveau aufweisen können. Es gab hier Erleichterungen für Kinder und ältere Menschen. Die Sprachtests können in deutschen Auslandsvertretungen oder am Goethe-Institut erfolgen.

Quellen und weiterführende Informationen: