In Deutschland wie in Sachsen existieren verschiedene Parteien, welche entweder klar als rechtsextrem einzuordnen sind oder teilweise rechtsextreme Positionen besetzen.

Die Einstufung fällt bei einigen, wie der „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD), der Partei „Die Rechte“ sowie dem „III. Weg“ leicht. Während letztgenannte nur eine marginale Rolle spielen und vor allem für die interne Vernetzung der Kameradschaftsszene von Interesse sind, ist die NPD nach wie vor fester im Parteiensystem, vor allem im Freistaat Sachsen, verankert.

Bei der „Alternative für Deutschland“ (AfD) hingegen fällt die Einordnung schwerer. Parlamentarisch auf hohem Niveau etabliert, repräsentiert die AfD teils klassisch konservative Wählerschichten, beherbergt mit dem formal aufgelösten „Flügel“ und seiner diffusen Anhängerschaft jedoch auch rechtsextreme Akteurinnen und Akteure sowie Positionen, was auch innerhalb der Partei zu einer dauerhaften Konfliktlinie führt.

Rechtsextreme Einstellungen werden in der politischen Kultur Sachsens spätestens seit der Jahrtausendwende auf einem stabilen Niveau repräsentiert. Als Vorreiterin fungierte dabei lange die NPD, welche seit 2004 auch im sächsischen Landtag vertreten war und deren sächsischer Landesverband großen Einfluss auf die Linie und Positionen der Bundes-NPD ausübt. Für die heute parlamentarisch eher unbedeutende Splitterpartei stellt Sachsen nach wie vor eines der Machtzentren dar. Zunehmend in die Bedeutungslosigkeit rutscht die NPD nicht zuletzt aufgrund der Wahlerfolge der AfD welche viele der alten NPD-Wählerschaft übernehmen und darüber hinaus erheblich ausbauen konnte.

Quellen:

Der Unterschied zwischen der traditionellen Rechten und dem neueren Rechtsextremismus zeigt sich zunächst darin, dass die NPD offen nationalsozialistische Begrifflichkeiten verwendet. Das „Existenzrecht des deutschen Volkes“ sei dadurch in Frage gestellt, dass Menschen ohne „deutsches oder artverwandtes Blut“ massenhaft eingebürgert würden, was einem „Völkermord“ gleichen würde. Zwar stellen sich die Argumentationsbausteine der AfD ähnlich dar, sind jedoch zurückhaltender formuliert. Wo die NPD von „Blut“ spricht, benutzen Anhängerinnen und Anhänger des teils rechtsextremen „Flügels“ der AfD das Konstrukt des „Ethnopluralismus“. Hier ist dann die Rede von „raumfremden“ oder „kulturfremden“ Menschen, die die sinkenden Geburtszahlen der westlichen Demokratien nutzen würden, um das angestammte „Volk“ durch Zuwanderung mehr und mehr zu unterlaufen. Das Ergebnis sei der „Große Austausch“, alternativ auch „Umvolkung“, welcher Widerstand rechtfertigen und Gewalt gegen diesen vermeintlichen „Plan“ legitimieren würde.

Quellen:

Sowohl für NPD als auch AfD stellt eine islamfeindliche Grundhaltung einen zentralen programmatischen Bestandteil wie auch „Türöffner“ hin zu extremeren Positionen dar. Die seit dem Angriff auf das World Trade Center am 11. September 2001 („9/11“) in westlichen Demokratien zunehmende Feindseligkeit gegenüber Musliminnen und Muslimen dient dem Rechtsextremismus als willkommenes Vehikel, um vermeintlich „Schuldige“ für eine komplexe Krisensituation auszumachen. Während die NPD offen von „Moslem-Feindschaft“ als strategische Option spricht, legte der sächsische AfD-Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider 2015 ein Positionspapier vor, in dem er als „Schlüssel zur Lösung des Islamproblems“ die Einwanderung von Menschen aus mehrheitlich muslimischen Ländern gänzlich verhindern will. Diese Position hielt 2017 auch Einzug ins Wahlprogramm der AfD, welches Musliminnen und Muslime als „große Gefahr für unseren Staat, unsere Gesellschaft und unsere Werteordnung“ bezeichnete. Ebenfalls inspiriert wurde besagtes Wahlprogramm durch den thüringischen Landtagsabgeordneten und Landesvorsitzenden Björn Höcke, welcher von einer „Remigration“ und einem „negativen Asylsaldo“ sprach. Das „mittelfristige Ziel deutscher Politik“ solle demnach „minus 200.000 Asylbewerber pro Jahr“ betragen, Deutschland solle eine „Verabschiedungskultur ausbilden“. Wie diese Kultur aussehen könnte, lässt sich einer Publikation Höckes aus dem Jahr 2016 entnehmen: Die neue, „nationale Regierung“, welche nur noch der „autochthonen (einheimischen, A.d. V.) Bevölkerung“ verpflichtet sei, müsse der Notwendigkeit folgen, in „wohltemperierter Grausamkeit“ ein „großangelegtes Remigrationsprojekt“ umzusetzen. Dass diese Regierung dabei „schwere moralische Spannungen“ aushalten müssen wird, sei durch die „existenzbedrohende Krise“ zu rechtfertigen, in der sich Deutschland angeblich aufgrund von Migration befinde. Diese Forderung nimmt die AfD in ihrem Europa-Wahlprogramm 2019 auf und fordert darin „Remigrations-Programme größtmöglichen Umfangs“.

Quellen:

Im Jahr 2017 endete das im Jahr 2013 angestrengte zweite Verbotsverfahren gegen die NPD. Das Verbot einer Partei unterliegt in Deutschland hohen Hürden, womit die Mütter und Väter des Grundgesetzes nicht zuletzt eine Lehre aus der NS-Diktatur zogen, in der die Parteienlandschaft nach der Machtübernahme der NSDAP schnell ausgeschaltet worden war. Zwar endete das Verfahren nicht in einem Parteiverbot der NPD, aber dennoch in ihrer Niederlage: Das Bundesverfassungsgericht schätzte die Partei als zweifelsfrei rechtsextrem ein und sah es als erwiesen an, dass sie „eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen ‚Volksgemeinschaft‘ ausgerichteten autoritären ‚Nationalstaat‘“ anstrebe und daher mit dem Grundgesetz unvereinbar sei. Gleichzeitig erklärte das BverfG, dass der faktische Einfluss der Partei zu gering sei, um ihr durch ein Verbotsverfahren zu hohe Bedeutung beizumessen.

Die AfD sah sich einem solchen Verfahren bis dato nicht ausgesetzt, jedoch richten Sicherheitsbehörden, insbesondere der Verfassungsschutz, ihren Blick zunehmend auf Teile der Partei. So behandelt der sächsische Verfassungsschutz seit Februar 2021 den sächsischen Landesverband der AfD (neben anderen) als „Verdachtsfall“, was auch nachrichtendienstliche Mittel nach sich zieht. Besonders gerät dabei der sogenannte „Flügel“ in den Blick, eine innerparteiliche Vereinigung, die sich unter dem Druck der Öffentlichkeit und Parteispitze im Jahr 2020 formal auflöste. Der Bundesverfassungsschutz, welcher bei dem Flügel „gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ als erwiesen ansah, geht jedoch von einer andauernder Aktivität des Netzwerkes aus. Die Vereinigung erfährt Unterstützung vor allem, aber nicht nur, aus den ostdeutschen Landesverbänden der AfD und machte vor allem durch die „Erfurter Resolution“ im Jahr 2015 auf sich aufmerksam. Die Unterzeichnenden forderten, die AfD solle sich als „Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Souveränität und der Identität Deutschlands“ begreifen und kritisierten insbesondere, dass die Partei sich von zunehmend radikalisierten Protestbewegungen wie „PEGIDA“ oder „Pro Chemnitz“ distanzierte. Insgesamt ist die Frage der Zuordnung der Partei zum rechtsextrem Spektrum nicht eindeutig zu beantworten, vor allem, da die AfD ihre Wählerschaft bis weit ins konservative Lager mobilisiert. Zweifelsfrei ist unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern jedoch die von Anfang bis heute zu beobachtende Bewegung der Partei, sich von ihrer stärker wirtschaftsliberalen Ausrichtung zu Gründungszeiten weg- und zu völkischen, rechtsradikalen und rechtsextremen Positionen hinzubewegen, sofern diese nicht schon innerparteilichen Konsens darstellen.

Quellen:

Parteien treten in erster Linie zu Wahlen an, haben darüber hinaus aber auch weitere Funktionen und Möglichkeiten, in die Öffentlichkeit zu wirken. Einerseits dienen sie dazu, Menschen zusammenzuführen und zu vernetzen, welche einer ähnlichen Weltanschauung zugehörig sind, andererseits versuchen sie, durch hohe Wahlergebnisse die Legitimation der Bevölkerung einzuholen, um diese Wählerschaft zu repräsentieren und das politische Handeln in deren Sinne zu beeinflussen. Die Stärke einer Partei lässt sich dadurch einerseits durch ihre Präsenz in der Öffentlichkeit und ihrer Fähigkeit einschätzen, Debatten herbeizuführen und zu beeinflussen. Messen lässt sich ihre Macht andererseits vor allem an der Zahl ihrer Mitglieder sowie der Stabilität der Wahlergebnisse.

Wie bereits angedeutet verankerte die NPD sich schon früh in der sächsischen Parteienlandschaft, zum parlamentarischen Durchbruch gelang sie in Sachsen im Jahr 2004, als sie aus dem Stand mit 9,2% in den Sächsischen Landtag einzog, in der darauffolgenden Legislaturperiode gelang mit 5,6% der Wiedereinzug. 2014 scheiterte sie knapp daran, da auch hier bereits eine starke Abwanderung zur weniger extremistischen AfD eingesetzt hatte. Dieser gelang zur Europawahl 2019 schließlich, mit 25,3% vor der CDU stärkste Kraft zu werden. Zwar konnte sie die Spitze in der zurückliegenden Landtagswahl 2019 nicht verteidigen, landete jedoch mit 27,5% nur knapp hinter der CDU (32,1%) und sicherte sich so mit Abstand die Rolle als stärkste Oppositionsfraktion. Die NPD verschwand in diesem Jahr mit 0,6% in die parlamentarische Bedeutungslosigkeit, hatte teilweise aber auch selbst zur Wahl der AfD aufgerufen und betrachtet sich weitestgehend als ihre Wegbereiterin und Verbündete: Während sich die NPD um den „Kampf um die Straße“ kümmere, würde sie der AfD den „Kampf um die Wähler“ überlassen. 

Bei den Mitgliedern lässt sich eine ähnliche Entwicklung beobachten. Betrug ihre Anzahl Mitte der 90er-Jahre noch etwa 300 Personen, stieg sie bis Ende der Dekade stark auf 1.400 an. Von da an sank sie kontinuierlich ab und liegt heute (Stand 2021) bei etwa 250. Die AfD Sachsen hingegen kommt bei einem rasanten Wachstum seit ihrer Gründung 2013 auf heute etwa 2.800 Mitglieder.

Quellen: