Bautzen als Synonym für politische Unterdrückung

Dass die Existenz der im Oktober 1949 gegründeten DDR stets allein von der Sowjetunion abhängig war, bewies sowohl die erste große Staatskrise von 1953 als auch die Friedliche Revolution von 1989. Sachsen spielte jedesmal eine wichtige Rolle: Während des Volksaufstandes um den 17. Juni 1953 streikten in den sächsischen Betrieben mehrere zehntausend Arbeiter. Die Proteste und Demonstrationen waren flächendeckend verbreitet mit Schwerpunkten in Görlitz, Leipzig und Dresden. Allein 45 % aller in der DDR jener Tage erfolgten SED-Parteiaustritte entfielen auf die sächsischen Bezirke. Für die Staats- und Parteiführung der DDR blieb der 17. Juni 1953 auch nach seiner Niederschlagung ein Trauma, das sie bis zum Schluss nicht abzuschütteln vermochte. Dies sprach Otto Buchwitz am 21. Juni 1953 vor dem ZK der SED an: „Es war doch ein Stoß in die Herzgegend – mit welcher Liebe haben wir die Partei aufgebaut – zu erkennen, daß uns Teile der Partei im Stich ließen, daß uns die Jugend im Stich ließ! Das tut doch weh.“

„Bautzen“, in dessen „Gelbes Elend“ 1953 auch viele Demonstranten verbracht worden waren, galt in der DDR wie im Westen als Synonym für die Verfolgung oppositioneller oder politisch unliebsamer Personen. Neben dem Gelben Elend, das als DDR-Strafvollzugseinrichtung Bautzen I fortbestand, wurden im Gefängniskomplex Bautzen II in der Innenstadt als Sonderhaftanstalt für „Staatsverbrecher“ von 1956 bis 1989 vielfach hochkarätige politische Häftlinge inhaftiert und drangsaliert. Bautzen II wird heute als Gedenkstätte genutzt. Weitere berüchtigte Beispiele sind Torgau/Fort Zinna, wo in den Speziallagern 8 und 10 des NKWD bis 1948 mindestens 850 Menschen ums Leben kamen, oder die Burganlage Hoheneck bei Stollberg im Erzgebirge, wo Frauen zumeist unter völlig willkürlichen Begründungen in politische Haft genommen worden waren.

Bundesrepublik kauft politische Gefangene frei

Der staatliche Gesinnungsterror fand im Abriss der Dresdner Sophienkirche 1963 und in der Sprengung der Leipziger Paulinerkirche 1968 symbolischen Ausdruck. Es machte sich jedoch auch deutlicher Widerstand in der Bevölkerung bemerkbar. So versuchte die Staatssicherheit zunehmend das Unrecht zu verschleiern, was nur bedingt gelang. Besonders Schriftsteller wie Erich Loest (geb. in Mittweida; ausgereist 1981) oder Reiner Kunze (geb. in Oelsnitz; ausgereist 1977) und der Liedermacher Wolf Biermann (geb. in Hamburg, Übersiedlung in die DDR 1953, „ausgebürgert“ 1976) legten durch ihre publizistische Arbeit und Medienpräsenz in der Bundesrepublik ein Zeugnis ab von den Unterdrückungsmechanismen der Staatssicherheit. Dies wurde teilweise auch in der DDR ruchbar. Ein besonders entlarvendes Zeugnis für ihr sozialistisches Menschenbild stellte sich die Staatsführung der DDR selbst aus: In der Zeit von 1963 bis 1989 wurden insgesamt 33.755 politische Gefangene, sehr oft aus Bautzner Haft, freigekauft. Die Bundesrepublik zahlte der DDR hierfür mehr als 3,4 Milliarden DM.