Zwischen Croissant und Currywurst: Alfons gastiert in Annaberg-Buchholz und Plauen
Der Träger des Deutschen Kleinkunstpreis 2020 tritt am 17. September um 19:30 Uhr in Annaberg-Buchholzer Eduard-Winterstein-Theater sowie am 22. September um 18:00 Uhr in Plauener Vogtlandtheater auf. Damit verbunden sind Diskussionsangebote für Schulen.
Im Interview mit der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung erzählt Alfons, der Kabarettist mit der doppelten Staatsbürgerschaft, von seinem Programm, seiner Großmutter und seinem Engagement für die Demokratie.
Alfons, man kennt Sie als den ironisch fragenden, französischen Reporter des deutschen Fernsehens mit oranger Sportjacke und Puschel-Mikrofon. Haben Sie jetzt aufgehört Franzose zu sein – oder worauf bezieht sich Ihr Programm "Jetzt noch deutscherer"?
Alfons: Ganz im Gegenteil. Ich bin jetzt den ganzen Tag beschäftigt Franzose und Deutscher zu sein, denn ich habe eine doppelte Staatsbürgerschaft. Ich bin sozusagen die verkörperte deutsch-französische Freundschaft. Ich dachte, das passt ganz gut zu jemanden, der Currywurst und Croissant als ausgewogene Ernährung ansieht. Mit dem Puschel-Mikro stelle ich übrigens nur noch selten meine Fragen. Meistens stehe ich im Theater auf der Bühne und erzähle meine Geschichten wie eben in „Alfons – jetzt noch deutscherer“.
Ihr Programm erzählt zwar die Geschichte Ihrer doppelten Staatsangehörigkeit. Im Grunde ist es aber ein Stück, eine Hommage an Ihre Großmutter, die den Holocaust überlebt und sich im Laufe ihres Lebens für die deutsch-französische Aussöhnung eingesetzt hat. Wie kamen Sie auf diese Idee, die ja sehr persönliche Aspekte Ihrer Familiengeschichte aufgreift?
Alfons: Sehr persönlich, aber eben auch sehr prägend und für mich sehr präsent. Natürlich stellt sich der Enkel einer Holocaust-Überlebenden die Frage, ob er überhaupt Deutscher werden sollte und was seine Großmutter dazu gesagt hätte. Ich habe meine Großmutter immer gefragt, Grand-mère, hasst Du die Deutschen? Und sie hat immer geantwortet: „Nein, ich hasse sie nicht. Ich will niemanden hassen. Ich will nur, dass sich so etwas niemals wiederholt.“ Diese Menschlichkeit und die Entscheidung, sich auf das Positive im Leben zu fokussieren, hat mich sehr geprägt. Und daran musste ich natürlich auch denken, als es um meine Einbürgerung ging. Und das alles, erzähle ich auf der Bühne. In einer Geschichte, in der es ernste Momente gibt, aber auch viel zu lachen. Dass das Programm nebenbei zu einem kleinen Denkmal für Grand-mère geworden ist, freut mich sehr.
Sie waren bereits im Frühjahr in Sachsen – zu zwei Bühnenabenden in Sachsen – im Kontext der Europäischen Kulturhauptstadt Chemnitz 2025. Welche Eindrücke haben Sie mitgenommen? Wie reagierte das Publikum auf Ihr Stück über die deutsch-französische Beziehung, die ja im Osten weniger ein Thema ist als im Westen.
Alfons: In Sachsen habe ich ein sehr warmherziges, interessiertes Publikum erlebt, das meine deutsch-französischen Geschichten gerne gehört hat. Die deutsch-französische Freundschaft ist ja eng verbunden mit dem Europäischen Gedanken, und somit auch mit unseren demokratischen Grundwerten. Und die sind in unseren heutigen Zeiten ein sehr wichtiges Thema, welches uns alle angeht. Dass es hier und da jemanden gibt, der vielleicht nicht meiner Meinung ist … das ist ja normal. Auch das ist Demokratie. Gut unterhalten sind hoffentlich alle in meinen Programmen. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf meine nächsten Auftritte in Sachsen.

Sie verbanden im Frühjahr Ihre Theater-Auftritte in Zwickau und Freiberg mit Diskussionen in Schulen. Was haben Sie dort erlebt, welche Eindrücke haben sie aus sächsischen Schulen mitgenommen und welche Fragen treiben die Schüler um?
Alfons: Das mache ich sehr gerne in Verbindung mit meinem Programm „Jetzt noch deutscherer“. In den Tagen nach dem Theaterbesuch gehe ich in die Schulen und spreche mit den Jugendlichen. Nicht nur über das Stück, sondern vor allem eben über die demokratischen Werte und was man machen kann, um diese zu verteidigen, wenn sie wie momentan in Gefahr sind. Ich habe sehr spannende Diskussionen erlebt. Die Jugendlichen machen sich natürlich Sorgen, um ihre Zukunft … aber sie haben den Eindruck, sie werden nicht gehört. Sie sehen, dass die Umwelt kaputtgeht, Schulen, Schwimmbäder und andere Einrichtungen im schlechten Zustand sind, und dass viele Deutsche nur noch wütend sind. Viele fragen sich, kann ich etwas dagegen tun? In den Gesprächen versuche ich, den Jugendlichen zuzuhören. Und ihnen zu vermitteln, ja, ihr könnt etwas machen. Viele sagen, aber ich bin doch nur eine einzelne Person, ich bin klein … Auch die können aktiv werden. Der Dalai Lama hat mal gesagt: wer denkt, er sei allein und zu klein um etwas zu verändern, der hat noch nie versucht, in einem Zimmer zu schlafen, in dem es eine Mücke gibt.
Die deutsch-französischen Beziehungen sind ein wichtiges Stück Zeitgeschichte. Heute erlahmen oft Städtepartnerschaften, Schüleraustauschprogramme oder auch das Engagement deutsch-französischer Vereine. Sind die Beziehungen zwischen unseren Ländern nur ein Produkt von ein oder zwei Generationen? Wie stärken wir sie für die Zukunft?
Alfons: Es ist so wichtig, über die Grenzen hinauszuschauen und Andere kennenzulernen! Denn, egal wo wir leben, wir sind alles Menschen.
Es gibt das wunderbare Chanson von Barbara, „Göttingen“, in dem es heißt, Frankreich, Deutschland, egal … die Kinder sind überall die Gleichen. Wir sehen, dass Spaltung ganz schlecht ist für uns Menschen. Je mehr wir gemeinsam angehen, auch über Grenzen hinweg, umso besser – gerade für die zukünftigen Generationen. Ich hoffe, wir können bei den Jugendlichen, den Sinn dafür fördern, so dass sie solche Partnerschaften oder Austauschprogramme auch von sich aus einfordern.
Sie wollen neben Ihrer künstlerischen Arbeit nun auch eine Stiftung aufbauen, die sich um Bildungsfragen kümmern wird. Wie kamen Sie auf die Idee, was haben Sie vor - und werden Sie auch in Sachsen aktiv werden?
Alfons: Die Stiftung wurde bereits Anfang 2025 gegründet, und wir sind im Team gerade dabei, alles so aufzubauen, dass wir damit verstärkt an die Öffentlichkeit treten können. Die Idee wurde aus meinem Schulprojekt geboren. Die Diskussionen und Workshops an Schulen im Zusammenhang mit meinem Programm „Alfons – jetzt noch deutscherer“ kamen so gut an und wurden so stark nachgefragt, dass ich gesagt habe, ok, das muss auf vernünftigen Beinen stehen; daher die Stiftung. Die Idee ist an die Schulen zu gehen, und mit den Jugendlichen über unsere Grundwerte zu sprechen. Ich mache das ehrenamtlich, aber die Idee geht weiter. Es sollen andere Workshops von anderen gemacht werden, so dass wir Klassen eine Art Demokratie-Stipendien anbieten und so viele wichtige Themen für die Demokratie ansprechen. Wie kann man im Dialog bleiben auch wenn man anderer Meinung ist zum Beispiel. Oder wie erkenne ich fake News und was ist der Unterscheid zwischen einem Journalisten und einem Influencer. Und so weiter und so fort. Übrigens, eins habe ich noch gar nicht verraten: die Stiftung heißt in Gedenken an meine Großmutter „Grand-mère Stiftung“.
