Stark, sichtbar, vernetzt: Frauen gestalten Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

Die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, der Sächsische Landesfrauenrat e. V. und der Verein Frauen aufs Podium luden am 5. September 2025 zu „Frauen. Gestalten. Sachsen.“ ins Projektbüro der SLpB Chemnitz zu einem Abend für Austausch und Ermutigung.

 

Freitagabend im Projektbüro Chemnitz: Die Kulturhauptstadt glänzt in spätsommerlichem Abendlicht. Die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung hat eingeladen – in Kooperation mit dem Frauen aufs Podium e. V. und dem Sächsischen Landesfrauenrat e. V. Alle haben dasselbe Ziel: Frauen dürfen und sollen in Führung gehen. Ob in der Politik oder Wirtschaft – in leitenden Positionen von Unternehmen, Verbänden und kulturellen Einrichtungen bleiben weibliche Kräfte in der Minderheit. Um das zu verändern, braucht es Stärkung und Ermutigung.

Bei der Veranstaltung im Projektbüro „Frauen.Gestalten.Sachsen.“ sind die Zahlen genau umgekehrt. Vierzig Gäste sind gekommen – aus Görlitz und Brandenburg, Leipzig, Dresden und dem Erzgebirge –, darunter lediglich ein Mann. Sein Interesse und seine aktive Beteiligung finden Anerkennung. Gleichzeitig wird an diesem Abend mehrfach betont, dass die Gleichstellung nicht allein Aufgabe der Frauen ist, sondern gemeinsames Engagement über Geschlechtergrenzen hinweg erfordert.

Schon vom ersten Moment an mangelt es im Projektbüro nicht an Gesprächsstoff. Vielleicht liegt es aber auch an der freudigen Erwartung. Constance Arndt, Oberbürgermeisterin von Zwickau, wurde angekündigt, dazu Annegret Haas, Geschäftsführerin der Chemnitzer Firma Railbeton Haas. Die Moderation übernimmt Katja Hilbert aus Dresden.

Zunächst nimmt Paulina Maloy auf dem breiten Sofa Platz. Sie leitet das gemeinsame Sekretariat im INTERREG Polen-Sachsen und ist eigens aus Wrocław angereist. Mit bewegenden Worten beschreibt sie das Engagement der Frauen in Polen für Demokratie und Gleichberechtigung. Zu Tausenden seien sie 2023 auf die Straßen gegangen, als es galt, gegen das restriktive Abtreibungsgesetz zu demonstrieren – darunter Frauen jeder Altersgruppe und unterschiedlichster sozialer Zugehörigkeit. Sie fühlten sich von der damaligen PiS-geführten Regierung nicht mehr gesehen. 2025 wehrten sie sich erneut kollektiv. Diesmal waren es die Ukrainerinnen in ihrem Land, für die sie demonstrierten. Ein überwältigendes Zeichen von Frauensolidarität.

Oberbürgermeisterin Arndt zeigt Anerkennung für das Engagement der Polinnen. Dem sei von sächsischer Seite nicht viel hinzuzufügen. In einem geeinten Europa lasse sich die Situation in den unterschiedlichen EU-Ländern gut miteinander vergleichen. Frauen gestalten das Land auf allen Ebenen – in Politik, in Wirtschaft, in sozialen Verbänden und in der Kultur. Sie übernehmen Verantwortung, entwickeln Ideen, führen Organisationen und ganze Unternehmen. Doch ihr Engagement ist oft weniger sichtbar, als es ihrer Leistung entspricht. Constanze Arndt ermutigt Frauen, Verantwortung zu übernehmen, zugleich aber auch, sich selbstbewusst zu präsentieren und männliche Kollegen und Geschäftspartner für mehr Parität zu gewinnen.

Auch Geschäftsführerin Haas bestätigt, sie habe die Leitung von Railbeton nicht übernommen, weil sie der Meinung war, eine Frau müsste das Unternehmen leiten. Als gelernte Bauingenieurin habe sie einfach die perfekte Ausbildung dafür gehabt. Ihr Vater hat sie als Nachfolgerin gewählt. „Vielleicht hätte er es lieber gehabt, wenn ich ein Sohn geworden wäre“, sagt sie mit ironischem Augenzwinkern. Obwohl sie selbst keine Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht hat, legt sie Wert darauf, in ihren zahlreichen Engagements gerade in männlich dominierten Gremien vertreten zu sein. In ihrer Firma präsentiert sie den Schülerinnen weibliche Vorbilder in den Führungspositionen und motiviert sie, sich für ein MINT-Studium oder eine MINT-Ausbildung zu entscheiden.

In der anschließenden Diskussion werden ganz unterschiedliche Missstände aufgezeigt, strukturelle Gründe und Ehegatten-Splitting thematisiert. Offenherzig schildern einige Anwesende ihre jeweils persönliche Situation und machen deutlich, woher die Zurückhaltung einer Frau im Einzelnen rühren kann. Aber auch positive Erfahrungen werden geteilt – Frauen, die Karriere machen, Hauptverdienerinnen in der Familie sind, und solche, die als Mütter mehrerer Kinder stets berufstätig waren.

Den Frauen fehlt nicht am nötigen Verantwortungsbewusstsein für ihre Familie oder Gemeinde, ihren Arbeitsort oder auch ganz allgemein die Geschicke ihres Landes, den Fortbestand der Demokratie. Was sie sich wünschen, ist Zuspruch und Stärkung – in der Familie, im Arbeitsumfeld und in ihren Kontakten mit anderen Frauen.

Das letzte Drittel der Veranstaltung dient der Vernetzung, und wieder machen die Gäste intensiv von diesem Angebot Gebrauch – Visitenkarten werden emsig getauscht, Mailadressen notiert und Telefonnummern ins Handy getippt. Die Frauen bedanken sich beim Abschied für den gemeinsamen Abend. Aus dem gegenseitigen Austausch schöpfen sie Mut und Kraft und möchten die Kontakte zu engagierten und selbstbewussten Frauen weiter ausbauen und pflegen. Für die Veranstalterinnen eine tolle Motivation, an weiteren Vernetzungsformaten zu arbeiten.