Das Mysterium

Mit dem Iran assoziieren viele hitzige Straßenproteste, das geplatzte Atomabkommen unter Trump und Frauen im Kopftuch. Nur die Wenigsten denken vermutlich an emanzipierte Frauen, die sich Tag für Tag ihre Freiheiten erkämpfen.

Auf der Suche nach genau diesen Frauen machte sich Ulrike Keding bei der Recherche für ihr Buch "Die heimliche Freiheit" auf die Reise in den Iran und wagt dabei einen "Blick hinter den Schleier". Liebevoll beschreibt die Journalistin ihre Gastgeberinnen. in ihrem Buch räumt sie auf mit Vorurteilen über die unterdrückte Frau im Kopftuch und sie gibt Einblicke in das Leben vieler mutiger und emanzipierter Iranerinnen, die sich kleine Freiheiten innerhalb dieses strengen Systems erlauben.

Im Rahmen der Reihe "Kontrovers vor Ort online" teilte sie ihre Erfahrungen nun mit dem Publikum und erzählte die Geschichte hinter ihrem Buch. "Für mich ist der Iran ein Mysterium, das schon immer ein hohes persönliches Interesse in mir geweckt hat", sagte Ulrike Keding ausgebildete Rundfunk- und Fernsehredakteurin des Auslandssenders Deutsche Welle, "die Idee meine Reise journalistisch zu begleiten kam mir tatsächlich erst später." Die Autorin lächelt in die Kamera, ihre Begeisterung für den Iran reißt mit. Immer wieder teilt sie persönliche Erlebnisse mit den Webtalk Teilnehmenden und nimmt sie so ein Stück mit auf ihre Reise. Drei Mal sei sie in den Iran gereist, antwortet sie auf die Nachfrage der Moderatorin  Doreen Reinhard "Keiner aus meinem Freundes- und Verwandtenkreis wollte mich auf meine Reise begleiten. Das Bild der unterdrückten Frau im Kopftuch und die unsichere politische Lage bestimmen das Bild des Landes."

Persönliche Gespräche beim Mittagstisch

Ihre Gastgeberinnen lernte sie über Couchsurfing kennen. Die Website wird von Menschen aus aller Welt genutzt um auf Reise kostenlos Unterkunft  zu bekommen beziehungsweise anzubieten. Auf die Frage weshalb sie diese Art des Reisens gewählt habe antwortet sie: "Dadurch, dass ich zu den Frauen nach Hause durfte habe ich einen viel besseren Einblick in das Leben in Iran bekommen." Dann fügt sie hinzu: "Im täglichen Beisammensein, wie zum Beispiel beim Essen, entstehen die interessantesten Gespräche und intimsten Einblicke." Als normale Touristin hätte sie nicht so tief in Kultur und Leben vor Ort eintauchen können.

Schon vor dem ersten Treffen baut sie Online Freundschaften zu ihren Gastgeberinnen auf. "Im Internet zeigen sich die meisten Frauen sehr selbstbewusst, doch die Frauen dann wirklich zu treffen war jedes Mal aufs Neue eine Überraschung." Widerstand hat verschiedene Gesichter, musste die Autorin feststellen. Denn die politische Debatte bezieht sich nicht nur auf das Kopftuch: Einige Frauen sind westlich orientiert und tun alles um bald auszureisen, andere wollen bleiben und vor Ort die Situation verändern. Einige Frauen heiraten nicht, um ihre Unabhängigkeit abzusichern, andere konzentrieren sich voll und ganz auf die Karriere während der Mann den Haushalt schmeißt. "Es ist interessant zu sehen, wie kreativ die Frauen auf ihrer Suche nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit werden", stellt Ulrike Keding fest. Die Teilnehmenden am Webtalk nutzen ihre Chance, der Autorin Fragen zu stellen: Was das Regime von Couchsurfing halte, zum Beispiel. Ulrike Keding antwortet ausführlich. Legal sei Couchsurfing offiziell nicht, wird aber vom Regime geduldet, lautet ihre Antwort. Ein Austausch entspinnt sich über den Alltag in dem unbekannten Land. Der Iran ist eben für die Meisten noch immer ein Mysterium.

Am 14. Juli wird Ulrike Keding ein weiteres Mal von ihren Erfahrungen berichten und aus ihrem Buch lesen. Diskutieren Sie mit Ihr unter: www.vhs-sachsen.de/kontrovers-vor-ort