Das katalanische Problem

Am 8. März hatte die Landeszentrale zum Donnerstagsgespräch eingeladen. Das Thema: „Katalonien Aktuell - Regionalität und Identität in Spanien“. Dazu wurde der spanische Botschaftsrat Antonio Santamaría Pargada vom sächsischen Landeskorrespondenten Bastian Brandau interviewt. Anschließend konnten die Besucher Fragen stellen und mitdiskutieren.

Die Veranstaltung war mäßig besucht. Das kann zweierlei Ursachen haben. Zum einen fand zeitgleich im Dresdner Kulturpalast eine andere politische Diskussion statt. Dort setzten sich die Schriftsteller Durs Grünbein und Uwe Tellkamp mit dem Thema Meinungsfreiheit auseinander. Zum anderen fehlte möglicherweise dem spanischen Botschaftsrat ein passender Konterpart. Die Veranstaltung war in gewisser Weise die Fortsetzung der Podiumsdiskussion vom 24. November 2017.

Bastian Brandau, der die Interviewrolle kurzfristig für den erkrankten Deutschlandfunk-Kollegen Korbinian Frenzel übernahm, meisterte die Gesprächssituation routiniert. Im Verlaufe der Diskussion wurde es sogar ein bisschen emotional. Aber der Reihe nach:

Asymmetrie der föderalistischen Struktur

Der Botschaftsrat Antonio Santamaría Pargada verglich die Situation in Spanien mit Deutschland. Einer der wesentlichen Unterschiede sei die Asymmetrie der föderalistischen Struktur. Während in Deutschland alle Bundesländer die gleichen Rechte haben, sei dies in Spanien anders. Große und reiche Regionen, wie zum Beispiel Katalonien, haben mehr Einfluss.

Das katalanische Problem beschäftigt ganz Spanien immer noch sehr intensiv, auch wenn die Berichterstattung hierzulande zurückgegangen ist.

Zur Erinnerung: Am 1. Oktober 2017 hatte die Regionalregierung Kataloniens ein Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens abgehalten. Das spanische Verfassungsgericht hatte die Abstimmung für rechtswidrig erklärt, die spanische Verfassung lässt eine Abstimmung über die Unabhängigkeit einer Region nicht zu. Das Referendum fand statt, die katalanischen Behörden meldeten eine Wahlbeteiligung von 42,3 Prozent mit einer Zustimmung von rund 90 Prozent der Wähler pro Unabhängigkeit. In der Folge wurde die katalanische Regionalregierung von der spanischen Zentralregierung abgesetzt und Neuwahlen wurden ausgerufen. Nach den Wahlen im Dezember 2017 hat sich bis jetzt noch keine neue katalanische Regionalregierung gebildet.

Viel Propaganda in der Debatte

Für Antonio Santamaría Pargada ist die Krise vor allem eine innerkatalanische. „Man muss die Illegalität aufheben, dann gibt es Chancen zum Dialog“, forderte er. In der ganzen Debatte stecke viel Propaganda, die Nationalisten machen sich zum Opfer und würden die Augen vor der Realität verschließen.

Interviewer Bastian Brandau fragte immer wieder gezielt nach und vertiefte einzelne Details. So interessierte er sich dafür, ob durch die Gesellschaft ein Riss gehe. Das kenne er hier aus Dresden mit der Pegida-Bewegung. Antonio Santamaría Pargada bestätigte das und weist auf einen weiteren Aspekt hin. Denn von den vier Provinzen Barcelona, Tarragona, Lleida und Girona würden nur die Einwohner von Lleida und Girona die Unabhängigkeit befürworten. Damit war er wieder bei seinem Lieblingsthema: die Krise ist eine innerkatalanische.

Der Verfassung verpflichtet

Einem Zuhörer platzte da der Kragen, warum denn die spanische Regierung nicht einfach ein Referendum ansetze, dann werde man doch sehen, dass die Mehrheit der Katalanen sich nicht abspalten wolle. Der Botschaftsrat reagierte diplomatisch und verwies auf die Rechtslage. Für ein solches Referendum ist eine Verfassungsänderung notwendig. Dafür braucht es nicht nur deutliche Mehrheiten in den Kammern sondern höchstwahrscheinlich auch noch eine Volksabstimmung in ganz Spanien.

Der Einwurf war dann aber das Signal, das Publikum mit einzubeziehen. Fragen kamen reichlich. So zum Beispiel, warum König Felipe VI. keine Mediator-Rolle übernommen habe. Kurze Antwort von Antonio Santamaría Pargada: „Weil er der Verfassung verpflichtet ist.“

Den Einwurf, dass der Nationalismus durch Regierungspräsident Mariano Rajoy befördert werde, wies der Botschaftsrat energisch zurück. Es entwickelte sich eine spannende Diskussion mit einem gut informierten Publikum. Eine anwesende Katalanin wies darauf hin, dass die spanische Regierungspartei Partido Popular bei der Wahl im Dezember nur sehr wenige Stimmen erhalten habe.

Antonio Santamaría Pargada sah sich einer Menge kritischer Fragen gegenüber, die er aber weitestgehend sachlich und ruhig beantwortete. Einzig der Hinweis, dass in Deutschland nur die AfD die katalanische Unabhängigkeit unterstützt, war dann doch ziemlich polemisch.

Eine Lösung für die Katalonien-Krise wurde an dem Abend nicht gefunden, aber die rund 20 Zuhörer sind nun auf dem neuesten Stand, am Ende erhielten sowohl der Interviewer als auch der Botschaftsrat einen warmen Applaus.

Autor Jan Frintert betreibt die Textwerkstatt Dresden.