Ergebnis der Volkskammerwahlen als Bekenntnis zur Einheit

In der Endphase der DDR verschärfte sich zusehends die wirtschaftliche Lage, vor allem durch die Abwanderung junger, hochqualifizierter Menschen in den Westen. Nach und nach setzten alle deutschen Parteien in West- und Ostdeutschland auf dieses Thema, nicht zuletzt deswegen, weil in der Volkskammerwahl vom 18. März 1990 die Parteien, die sich zur Wiedervereinigung bekannten, die meisten Stimmen gewinnen konnten.

Für die Wiedervereinigung gab es aus verfassungsrechtlicher Sicht zwei Möglichkeiten: Einerseits die Verabschiedung einer neuen Verfassung nach Artikel 146 des bundesrepublikanischen Grundgesetzes sowie andererseits den Beitritt der DDR zur BRD nach Art. 23 GG. Für die erste Variante, die nicht kurzfristig umsetzbar war, plädierte vor allem die bundesdeutsche SPD. Die zweite Möglichkeit wurde von der "Allianz für Deutschland" und ihren westdeutschen Vertretern (CDU/CSU und FDP) bevorzugt. Schließlich mehrten sich die Stimmen für den schnellen Beitritt der DDR zur BRD, wofür sowohl innen- als auch außenpolitische Argumente sprachen. Vor allem außenpolitisch galt es, die gerade hergestellte Zustimmung der europäischen, US-amerikanischen sowie russischen Regierungen zu nutzen, da die Lage in der Sowjetunion zunehmend unkalkulierbarer wurde. Auch in der Bevölkerung dominierte in den nun immer noch andauernden Demonstrationen der Wunsch nach einem Beitritt zu BRD und in die westdeutsche Währungszone.

Ratifizierung des Zwei-Plus-Vier-Vertrags

Vor allem nach den Volkskammerwahlen und dem damit verbundenen eindeutigen Bekenntnis der Menschen zur Wiedervereinigung gelang es beiden deutschen Regierungen, den Weg für die Einheit international über die „Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen“ zu ebnen. Großbritannien und Frankreich verlangten, dass das vereinigte Deutschland die bestehenden Grenzen in Europa anerkennen müsse. Am 21. Juni 1990 bekräftigten beide Parlamente, die vor allem in der BRD jahrelang umstrittene Oder-Neiße-Grenze uneingeschränkt anzuerkennen, wobei die Frage nach der NATO-Mitgliedschaft eines wiedervereinigten Deutschlands noch ungeklärt blieb.

Gegen diese sperrte sich die Sowjetunion zunächst, trotz weitreichender Sicherheitszusagen, und forderte stattdessen die Blockfreiheit Deutschlands. In vertrauensvollen Gesprächen zwischen Gorbatschow und Kohl im Kaukasus am 16. und 17. Juli gab der sowjetische Staatschef allerdings schließlich seine Zustimmung zur NATO-Mitgliedschaft und bekräftigte, der DDR nach Abschluss der Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen die vollständige Souveränität zu gewähren. Diese Entscheidung war vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Sowjetunion im großen Umfang finanzielle und wirtschaftliche Hilfe benötigte, die Kohl zusicherte, wobei auch das Vertrauensverhältnis zwischen Kohl und Gorbatschow eine wichtige Rolle spielte. Deutschland verpflichtete sich im Gegenzug auf einen ABC-Waffen-Verzicht und die Reduzierung der Bundeswehr auf 370.000 Mann. Mit der Hinterlegung der sowjetischen Ratifizierungsurkunde am 15. März 1991 erhielt das vereinte Deutschland seine vollständige Souveränität.

Durch die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 1. Juli 1990 sollte die Abwanderung von Ost nach West gelindert und die Forderung der Demonstranten nach Einführung der D-Mark erfüllt werden. Die Ost-Mark wurde durch die D-Mark ersetzt, Guthaben bis zu einer bestimmten Höhe sowie Löhne und Renten wurden dazu im Verhältnis 1:1, größere Beträge 2:1 getauscht.

Volkskammer beschließt Beitritt zur Bundesrepublik

Am 23. August 1990 beschloss die Volkskammer mit großer Mehrheit den Beitritt der DDR zur BRD nach Art. 23 GG für den 3. Oktober 1990. Den Einigungsvertrag, der die Beitrittsmodalitäten regelte, unterzeichneten am 31. August Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und DDR-Staatssekretär Günther Krause. Das Vertragswerk war in nur achtwöchiger Ausarbeitungszeit entstanden und hatte dennoch allen rechtlichen Aspekten gerecht zu werden, von der Änderung des GG über Fragen der Rechtsangleichung bis zu den Staatsschulden. Strittige Themen wie beispielsweise die Hauptstadtfrage wurden ausgespart und vertagt. Am 20. September 1990 passierte der Staatsvertrag mit großer Mehrheit den Bundestag (442 von 492 Stimmen) und die Volkskammer (299 von 380 Stimmen).

Vier Tage vor dem 41. Jahrestag der DDR vereinigten sich beide deutsche Staaten am 3. Oktober 1990. Die fünf neu gegründeten Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen traten der BRD bei. Die Wiedervereinigung stellte den Abschluss der Friedlichen Revolution dar, wobei sich gleichzeitig zeigte, dass das Zusammenwachsen der beiden deutschen Teile ein langwieriger Prozess werden würde, der für viele Kontroversen sorgt und bis heute andauert.