Walter Ulbricht proklamierte in der DDR Anfang der 1950er Jahre den „Aufbau des Sozialismus“. Aber die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich zusehends. Bäuerliche Betriebe wurden kollektiviert, private Unternehmen verboten und die Schwerindustrie gefördert. Versorgungsengpässe waren die Folge. Zudem entzog die neue kasernierte Volkspolizei dem Arbeitsmarkt Fachkräfte, während viele hochqualifizierte das Land verließen. Allein im Jahr 1952 migrierten über 184.000 Menschen in das Ausland, vor allem die Bundesrepublik Deutschland. Viele derer, die blieben, hofften mit dem Tod Stalins auf Reformen.

Normerhöhung Stein des Anstosses

Das SED-Zentralkomitee wollte mit einer Reihe von Beschlüssen den wirtschaftlichen Fehlentwicklungen entgegensteuern. So wurde auch eine Erhöhung der Arbeitsnorm, also der vorgeschriebenen Leistung in allen Betrieben, um zehn Prozent beschlossen.  Mehr Arbeit bei gleichem Lohn - das Prinzip lehnten viele Arbeiterinnen und Arbeiter ab. Mit Verweis auf „begangene Fehler der Regierung und der staatlichen Verwaltungsorgane“ und auf sowjetischen Druck wurden einige Maßnahmen zurückgenommen, die Normerhöhung selbst war davon jedoch ausgenommen. Dieser „Neue Kurs“ sorgte kaum für Entspannung, im Gegenteil: Weite Teile der Bevölkerung sahen darin eine Bankrotterklärung des noch jungen Staates.

Am 16. Juni kam es zu ersten Arbeitsniederlegungen in Berlin und Leipziger Vororten. Am nächsten Tag streikten und demonstrierten Menschen in weiten Teilen der DDR. Sächsische Zentren des Aufstandes waren u.a. Görlitz, Niesky, Leipzig und Dresden. Die Demonstrationen mit den Parolen „Weg mit Ulbricht“, „Freie Wahlen“ oder „Freiheit und mehr Lohn“ blieben anfangs meist friedlich. Später besetzten Demonstranten öffentliche Gebäude, Häuser der SED und parteinaher Institutionen. Es wurden auch Gefängnisse gestürmt und politische Häftlinge befreit. Vereinzelt kam es zu Übergriffen auf Funktionäre. In Görlitz konstituierte sich ein zwanzigköpfiges Komitee zur provisorischen Leitung der Stadt und gründete eine Bürgerwehr gegen Plünderungen und Vandalismus. In Zwickau demonstrierten 200 Kumpel der Wismut, von denen anschließend 36 verhaftet wurden. In Dresden und Leipzig zogen Tausende protestierend die Straßen auf und ab, während gleichzeitig mmer mehr Betriebe in den Ausstand traten.

Niederschlagung durch die Sowjetunion

Die Sicherheitsbehörden der DDR waren auf eine solche Protestbewegung nicht vorbereitet und sahen sich nicht in der Lage, die staatliche Ordnung mit den eigenen Gewaltmitteln wiederherzustellen. Aus diesem Grund schritten in den Aufstandszentren sowjetische Truppen ein, wobei auch Panzer und schwere Waffen eingesetzt wurden. Teils mit Waffengewalt wurden die meisten Demonstrationszüge in den Städten aufgelöst. Trotz dieser Machtdemonstration traten einige sächsische Betriebe noch am 18. Juni in den Ausstand, andere, wie die Stahlwerke in Riesa oder Betriebe in Freiberg und Dresden, streikten einige Tage weiter. Nach dem 17. Juni stieg die Verfolgung Oppositioneller auch in Sachsen stark an. Die Haftanstalten in Bautzen, Waldheim und Zwickau füllten sich. Immer mehr Menschen flohen in den Westen. Von der Gründung der DDR bis zum Bau der Berliner Mauer 1961 verließen über 2,5 Millionen Menschen ihre Heimat. Bei den Revolten kamen insgesamt 55 Menschen ums Leben, darunter auch staatliche Beamte. Zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt.

Bedeutung des Aufstandes

Die Ereignisse rund um den 17. Juni stellten einen Schock für das Weltbild der SED-Herrschaft dar. Besonders gefährlich für die Legitimation der DDR waren diese Arbeitskämpfe daher, da sie sich nicht primär für politische Freiheitsrechte einsetzten, sondern exakt den Kampf führten, der nach staatlicher Ideologie bereits erfolgreich hätte abgeschlossen sein müssen. Im begrifflichen Repertoire des Marxismus-Leninismus kann sich der Arbeitskampf nur gegen kapitalistische Staaten richten, da nur private Unternehmer als Ausbeuter in Erscheinung treten können, nie aber der sozialistische Staat. Indem die Arbeiterinnen und Arbeiter der DDR diese ideologischen Annahmen mit ihren Aufständen ad absurdum führten, zeigten sie eine klaffende Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit der sozialistischen Staatsdoktrin auf, welche die Existenzberechtigung des realsozialistischen Staates in Frage stellte. Die Sicherheitsdienste der DDR werteten die Ereignisse im Sommer 1953 intern als gefährliche Niederlage, was zu einem massiven Ausbau der Repressionsinfrastruktur führte. Zensurmaßnahmen und Überwachungsapparat wurden ausgebaut, vor allem die Ressourcen des MfS wurden drastisch erhöht. In den staatlichen Einrichtungen bestimmte der Argwohn gegen die eigene Bevölkerung das alltägliche Leben.