Hallo Lisa, du engagierst dich seit zwei Jahren im Jugendclub Kurti und warst daran beteiligt, den Club überhaupt erstmal entstehen zu lassen. Wie kam es dazu?

Ich habe mich bei der Jugend-Ideen-Konferenz Ende 2015, Anfang 2016 eingebracht. Wir haben Jugendliche befragt, was sie in der Stadt bewegt, was sie gut finden, was sie schlecht finden, wo sie Potenziale sehen oder was sie sich wünschen, um eine bessere Lebensqualität zu haben. Oder einfach mehr Spaß. Das haben wir drei, viermal gemacht, daraus dann große Konferenzen veranstaltet und sind mit den Antworten in den Stadtrat gegangen, haben uns vorgestellt und sind damit das Sprachrohr der Jugendlichen geworden.

Gab es von vornherein die Idee, einen Jugendclub zu gründen?

Nicht ganz. Jugendliche wollten hier in der Stadt einen Freiraum haben, wo sie sich einfach ohne sozialpädagogische Betreuung bewegen, sich mit Freunden treffen können und einfach ein bisschen nach der Schule abhängen. Es wird ja immer erwartet, dass wir irgendwas machen nach der Schule, sich irgendwie engagieren. Wir wollten einen Raum bieten, wo man einfach auch mal keine Ansprüche hat an einen Menschen. Und wir haben uns damals aber auch noch mit anderen Themen beschäftigt, wie zum Beispiel Stadtpolitik, Schulpolitik, Grünflächen...

War dir und den anderen von Anfang an klar, dass das, was ihr macht, eine Art zivilgesellschaftliches Engagement, ein Ehrenamt, ist?

Es war immer irgendwie klar, dass wir was für andere Menschen machen. Ich habe sehr viele Freundinnen und Freunde mitgezogen und wir haben uns nach der Schule noch getroffen und irgendwas dafür gemacht oder einfach coole Gespräche geführt und uns dabei auch selber weiterentwickelt. Wir wussten vorher ja nicht, wie Stadtpolitik und Kommunalpolitik aussieht, und so wurden wir halt herangeführt an die Sache. Das war ein positiver Nebeneffekt.

Wie kam es dann konkret zum Kurti?

Wir hatten damals ein Gespräch mit Ministerpräsidenten Tillich über unsere Sicht auf die Schulpolitik in Sachsen. Aber das hat sich verlaufen. Wir sind da nicht mehr weiter gekommen bei dem Thema und dachten uns, was machen wir denn jetzt mit der Initiative? Wir hatten alle Bock weiterzumachen. Dann haben wir uns angeschaut, welche Wünsche die Jugendlichen noch hatten: ein Jugendclub oder ein Freiraum. Ende 2016 haben wir Nägel mit Köpfen gemacht, mit eigenem Konzept und erwachsener Unterstützung.

Wie sah die aus?

Wir hatten damals noch den Projektleiter von der Jugend-Ideen-Konferenz, der dann aber relativ zeitnah in Elternzeit gegangen ist. Und so wurden wir ins kalte Wasser geschubst, alle so 17, 18 Jahre alt, und wir mussten uns komplett selbst organisieren. Das war schon eine Herausforderung. Wir hatten immer auch die Unterstützung von der mobilen Jugendarbeit hier in der Stadt, die aber von vornherein gesagt haben: Wir leiten euch nicht an, sondern wir supporten euch, wenn ihr die Fragen habt oder Probleme.

Wie sieht eure Arbeit jetzt aus? Wie habt ihr euch organisiert?

Den Jugendclub gibt's seit Anfang Juli 2018. Wir treffen uns im Durchschnitt einmal pro Monat oder alle zwei Monate im Plenum, was schon so vier bis sechs Stunden teilweise gehen kann, und sammeln in der Zeit bis dahin Tagesordnungspunkte und einfach Sachen, die an uns herangetragen werden. Die Anfragen von außerhalb oder Dinge, die im Jugendclub anfallen wie Arbeitseinsätze, zum Beispiel, welche Veranstaltungen wir machen oder wie wir neue Mitglieder gewinnen können.

Wie viele Mitglieder hat eure Initiative?

Zwischen zehn bis 15 Leuten engagieren sich im Durchschnitt bei uns. Es sind aber mehr, die den Club nutzen, unter der Woche 20 bis 30 Leute. Wenn wir guten Tag haben und am Wochenende, sondern schon 40, 50 Leute zwischen 15, 16 bis 22 Jahre alt. Aber die wenigsten stammen da aus der Orga Gruppe. Die ist schon recht streng organisiert. Ich finde es aber auch anspruchsvoll, in dem Alter mit so einer Struktur und so einer Organisation konfrontiert zu sein.

Wie gewinnt ihr Menschen, die euch da auch aktiv unterstützen?

Unbewusst fahren wir die Strategie, dass wir einen persönlichen Bezug der Jugendlichen zu dem Club herstellen und sagen: Wir wollen so eine Art Familie für euch sein und der Raum, den ihr gern nutzt, für den ihr ja auch eine Leidenschaft entwickelt soll für euch unbedingt weiterbestehen. Die Strategie geht aber eben nicht immer auf, weil viele eben doch nur zum Konsumieren hier sind und eben nicht diesen Schritt gehen wollen oder nicht die Kapazitäten und Ressourcen haben, auch für den Club da zu sein.

Was bedeutet das perspektivisch für euch?

Wir müssen eine Strategie entwickeln, Leute zu binden, die sich engagieren wollen. Das ist auch ein Problem, das wir aus anderen Initiativen oder Vereinen kennen, nicht nur hier in Bautzen oder im ländlichen Raum. Es ist schwierig, Leute zu motivieren, mitzumachen. Wir können immer nur wieder versuchen, diesen persönlichen Bezug herzustellen. Das hat wahrscheinlich die nachhaltigste Wirkung für ehrenamtliches Engagement. Jemanden einzuarbeiten oder einzuweisen, der dann nur zwei Monate bleibt, ist schon ziemlich aufwendig für alle und auch nicht nachhaltig.

Seht ihr euch als politische Initiative?

Wir sind für die Jugendlichen hier vor Ort. Aber wir würden uns nie als politischen Akteur darstellen.

Welche Rolle spielt der “Kurti” dann in der Stadt?

Er ist der Raum, wo man sich treffen kann, wo man rauskommt aus dem Alltag und hier einfach jugendlich sein kann, Spaß haben kann und einfach mal nicht über die Schule, über das Elternhaus oder irgendwas anderes, was am Tag beschäftigt, nachdenken muss, sondern entschleunigt und Zeit hat Freundschaften zu pflegen, soziale Kontakte zu pflegen und auch mal ein Kartenspiel zu spielen.

Wie ist es, sich in einer Kleinstadt wie Bautzen für jugendliche Interessen zu engagieren?

Am Anfang wurden wir nicht ernst genommen. Der Stadtrat dachte sich wahrscheinlich: Was wollen die von uns? Das sind doch Jugendliche, die dann eh weg sind. Wir waren dann hartnäckig, haben gesagt, wir wollen das unbedingt, bis wir die Leute überzeugen konnten von uns, bis sie uns endlich ernst genommen haben. Das kippt natürlich immer mal wieder. Wir sind immer noch junge Menschen, deren Leben eher sprunghaft verläuft - nach der Schule kommt die Ausbildung, vielleicht noch ein freiwilliges Jahr, dann Studium - damit sind wir immer in der Position, uns rechtfertigen zu müssen.

Wie soll es denn in Zukunft weitergehen?

Wir sind noch abhängig von der städtischen Finanzierung, die uns jährlich mit 6.000 Euro Miete unterstützt, damit wir uns die Räumlichkeiten leisten können. Unser Anspruch ist aber, irgendwann darauf nicht mehr angewiesen zu sein, sondern wirklich selbstverwaltet agieren und entscheiden zu können und rauszukommen aus der Lage, dass wir uns rechtfertigen müssen für die Dinge, die hier passieren oder auch nicht passieren.

Wollt ihr einen Verein gründen?

Wann das passiert und ob das passiert, ist natürlich immer die Frage der Kapazitäten und Ressourcen der Leute hier vor Ort. Das ist der nächste Schritt, den wir langsam mitdenken, aber da ist noch nichts festgelegt. Natürlich wollen wir uns etablieren, hier weiter in der Stadt. Aber dadurch, dass wir ein Jugendklub sind und überwiegend mit Jugendlichen und jungen Menschen zusammenarbeiten, steckt da noch eine andere Dynamik drin als vielleicht in einem Karnevalsverein oder in einem Sportverein. Wir betreiben schon so eine Art kleine Vereinsarbeit, aber eben für Jugendliche und junge Erwachsene.