Was die Wüste mit dem Hamstern von Toilettenpapier zu tun hat

Mehr als 50 Clips sichtete die Jury beim dritten Erklärvideowettbewerb der SLpB. Auch in diesem Jahr verleihen sie wieder den goldenen, silbernen und bronzenen Erklärbären an die besten Videos im Online-Kino.

Polylux – die Älteren unter den Lesenden erinnern sich vielleicht: Vorträge im Fach Gemeinschafts- oder Sozialkunde fanden maßgeblich unter Gestaltung ansprechender Folien, und zwar echter Folien, für den Polylux statt. Ihr Erfolg nicht selten abhängig vom künstlerischen Talent und der Lesbarkeit der Schrift der Vortragenden. Kassettenaufnahmen kamen später dazu, dann CDs, irgendwann Videos auf einer physischen Videokassette, die noch eingeschoben wurde in einen VHS-Player.

Und immer ging es dabei ums Erklären, um das Greif- und Sichtbarmachen komplizierter und komplexer Zusammenhänge mittels der eigenen Kreativität (oder unter Zuhilfenahme fremder Ideen). So betrachtet ist der Erklärvideowettbewerb der SLpB nur die natürliche Evolution von Schiefertafel und Polylux: Schülerinnen und Schüler wählen ein aktuelles politisches Thema, betrachten es von allen Seiten und teilen ihre Erkenntnisse in einem maximal drei Minuten langen Erklärvideo mit. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt, nur Gesichter dürfen nicht zu erkennen sein.

Pizza und Popcorn

Mehr als 50 Videos hat die Jury für die Preisverleihung des inzwischen dritten Erklärfilmwettbewerbes gesichtet. Am 5. Februar 2021 verleiht sie wieder einen goldenen, silbernen und bronzenen Erklärbären und Preisgelder in Höhe von 300, 200 und 100 Euro. Das Publikum darf sich ebenfalls für einen Favoriten-Clip entscheiden und 150 Euro vergeben jeweils für einen Film der Klassenstufen neun und zehn, beziehungsweise elf und zwölf. Geplant war die Preisverleihung als kleines Ereignis mit Pizza und Popcorn im Kinosaal. Coronabedingt findet sie nun ausschließlich online statt.

Oberschulen und Gymnasien aus ganz Sachsen folgten dem Call for Entries in diesem Schuljahr. Vor vier Jahren konkurrierten noch ausschließlich die Oberstufen des Radebeuler Lößnitzgymnasiums um die erstmals zu vergebenden Preise, damals noch gestiftet vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus, der TU Dresden und dem Förderverein der Schule. Innerhalb eines Schuljahres hatten die Jugendlichen der Klassen zehn bis zwölf mehr als 30 Filme produziert und ein eigenes Festival veranstaltet. Ihr Lehrer Peter Müller hatte damals aufgerufen zum Wettbewerb der Clips.

Müller lehrt seit 26 Jahren am Lößnitzgymnasium und unterrichtet dort die Fächer Sport und Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung/Wirtschaft, kurz GRW. "Ich wollte mit meinem Unterricht die Kreativität fördern", sagt er, "und ich hatte damals festgestellt, dass Youtube als Medium für Nachhilfe oder um sich generell zu informieren für meine Schülerinnen und Schüler immer wichtiger geworden ist." Er forderte die Jugendlichen darum auf, ihre Vorträge in seinem Unterricht mit kurzen Videoclips zu ergänzen, denn "so lernen sie, wie diese Clips funktionieren, wie wir Bilder auch manipulieren können, um unser Argument zu unterstützen. Und so lernen sie hoffentlich auch, die Botschaften, die ihnen zum Beispiel bei Youtube vermittelt werden, auf ihre Glaubwürdigkeit zu hinterfragen." Die Schülerinnen und Schüler eignen sich so nicht nur etwas über ihr eigenes Thema an, sondern eine generelle Kompetenz im Umgang mit den neuen Medien. Das zumindest der dahinterstehende pädagogische Wunsch.

Preisgeld für die Klassenkasse

Die Zusammenarbeit mit der SLpB ergab sich wenig später eher zufällig. Über einen Bericht in der Lokalpresse wurde Annette Rehfeld-Staudt, Leiterin des Referats politische Bildung online, aufmerksam auf den Wettbewerb. "Das war genau das, wonach wir damals gesucht haben", sagt sie. "Wir hatten zu dem Zeitpunkt schon eine Weile lang überlegt, wie wir Jugendlichen mehr für sie Interessantes und Relevantes anbieten und zugleich Youtube in unsere Arbeit integrieren können." Überzeugt habe sie die Idee des Lehrers, "weil wir Dinge meistens dann gut erklären, wenn wir sie selbst begriffen haben", sagt sie. Der Erklärvideowettbewerb biete jungen Menschen einen Anreiz, sich länger mit einem Thema zu beschäftigen. Das Preisgeld fließt am Ende in die Klassenkasse.

Ein Schuljahr lang haben die Jugendlichen der neunten bis zwölften Klassenstufen nun Zeit, solo oder als Gruppe einen Clip zu produzieren. Eine Jury aus Fachleuten bewertet die kurzen Videos nach Unterhaltsamkeit, technischer und fachlicher Umsetzung. Im Schuljahr 2020/21 dominierte das Thema Klima- und Umweltschutz, erst später schleicht sich auch das Corona-Virus ins Bild. Minecraft-Männchen erklären außerdem den bedingungslosen Grundeinkommen, von Hand oder am Rechner gezeichnete Animationen beschäftigen sich mit dem ökologischen Ballast von Jeans und T-Shirts. Jemand erklärt die Maslowsche Bedürfnispyramide anhand des massenhaften Panikkaufs von Klopapier und mit Hilfe von Bernd, der seine Reisegruppe in der Wüste verloren hat. Die Schülerinnen und Schüler setzten sich engagiert auseinander mit Racial Profiling und Polizeigewalt, erklären kurz und bündig, wie eine Ungleichheit im Bildungssystem zustande kommen kann und was genau eigentlich eine Massenvernichtungswaffe ist. Ansteckend dabei die Lust am Zeichnen, Basteln, Spielen, der Humor, der Spaß beim Verkleiden.

Noch mehr davon wünscht sich Annette Rehfeld-Staudt für die kommenden Wettbewerbe. Sie hofft auf eine stärkere Beteiligung von Oberschulen und berufsbildenden Schulen, auf Jugendliche, die von sich aus die Initiative ergreifen und Filme einreichen, auf Lehrerinnen und Lehrer, die die Kinder in ihrer Klasse noch intensiver begleiten auf diesem Ausflug in die Gefilde der neuen Medien. "Mich überrascht es immer wieder, was für spannende Videos zu scheinbar trockenen Themen dann bei uns ankommen", sagt sie. "Lehrerinnen und Lehrer sollten ihren Schülerinnen und Schülern da ruhig etwas zutrauen. Es ist oft erstaunlich, was dabei entsteht."

Mehr Informationen und die Gewinnerfilme gibt es zu sehen auf unserer Themenseite.