„Unterdrückung findet in Belarus täglich statt“

Rund 80 Menschenrechts-Aktivistinnen und -Aktivisten aus über 20 Ländern kamen im Oktober in Leipzig zusammen, um sich im Rahmen der REVOLUTIONALE auszutauschen. Über mehrere Tage fand im Kupfersaal der Internationale Runde Tisch mit unterschiedlichen Gesprächsrunden statt. Kanstantsin Staradubets war einer der Teilnehmer. Er kommt aus Belarus, lebt zur Zeit aber in Litauen, und arbeitet für „Viasna”, die größte belarussische Menschenrechtsorganisation.

Veranstaltet wurde die REVOLUTIONALE von der Stiftung Friedliche Revolution und verschiedenen Kooperationspartnern, darunter die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung. Einen Rückblick auf die dreitägige Veranstaltung finden Sie im ersten Teil unseres Blog-Beitrags. Das Interview mit Kanstantsin Staradubets führte unser Autor Fabian Klaproth.

Was leistet „Viasna” für Arbeit?

Die Arbeit hat zwei Grundpfeiler. Einmal sammeln und verbreiten wir Informationen über Menschenrechtsverletzungen in Belarus. Zum anderen bieten wir den Opfern dieser Menschenrechtsverletzungen kostenlose rechtliche Unterstützung sowie humanitäre Hilfe an.

Was ist eine der größten Herausforderungen aktuell für eure Arbeit?

Belarus befindet sich gerade in einer Krise, also gibt es viele Herausforderungen. Wir sind besonders besorgt, wie es unseren inhaftierten Kolleg:innen geht. Fünf von uns sind eingesperrt, darunter Ales Bialiatski. Wir haben jetzt viele Monate nur sehr wenig von ihnen gehört und wir machen uns große Sorgen über ihre Gesundheit und ihre Zukunft.

Was ist mit euren Kolleg:innen genau passiert? Warum wurden sie inhaftiert?

Na ja, offiziell heißt es, sie wurden verurteilt, weil sie Protestaktionen unterstützt haben. Aber es ist offensichtlich, dass der wahre Grund ihrer Inhaftierungen ist, dass sie Menschenrechtsaktivist:innen sind.

Wie gehst Du um mit der schwierigen Situation um? Wie kann man sich motivieren, wenn es so läuft, wie eben beschrieben?

In Belarus herrscht seit fast 30 Jahren eine Diktatur. Das macht es natürlich schwierig, immer wieder Motivation zu finden. Für uns ist es sehr wichtig, uns gegenseitig zu stärken, Netzwerke und Allianzen aufzubauen. Wir glauben daran, dass es das Richtige ist, was wir tun! Unsere Arbeit sehen wir als eine Art Investment in unsere Zukunft und die Zukunft unseres Landes.

Bist du zum ersten Mal in Leipzig?

Ja, ich bin das erste Mal hier. Ich bin sehr stolz, hier zu sein und diese Idee der friedlichen Revolution zu teilen. Das ist sehr eng verbunden mit den Werten, die wir als Organisation haben. Friedlich zu kämpfen, das ist uns sehr wichtig. Wir sind hier, um diese Geschichte der friedlichen Revolution mit unseren eigenen Augen zu sehen und die Geschichten zu hören, die Menschenrechtsaktivist:innen aus anderen Ländern erzählen.

Im Moment läuft Belarus in der deutschen Medienlandschaft und in der öffentlichen Wahrnehmung unter dem Radar. Wie können wir es in Deutschland schaffen, diese Themen nicht direkt wieder aus dem Blick zu verlieren, sobald in anderen Ländern etwas passiert?

Ja, das stimmt. Es ist zunehmend schwer geworden, die Aufmerksamkeit von Medien und Politik zu bekommen. Die scheinen zu denken, dass in Belarus gerade nichts von Bedeutung passiert, dabei sehen wir, dass täglich Menschen aus politischen Gründen unterdrückt werden. Es ist unsere Aufgabe, den Leuten in Europa, den NGOs, den Politiker:innen und den Medien, zu zeigen, dass diese Unterdrückung wirklich jeden Tag passiert. Wir wollen die Gesichter der Opfer dokumentieren, die fürchterlichen Bedingungen, denen diese Menschen in den Gefängnissen ausgesetzt sind und diese absurden richterlichen Verurteilungen, mit denen Aktivist:innen bestraft werden.