Trabis, Panzer, Minenräumer. Zeitenwende-Ausstellung in Prag

Mit einem „Fest der Freiheit“ feierte die Botschaft am 28. September die Ereignisse, die vor 30 Jahren zur Ausreise von mehr als 10.000 DDR-Bürgern über die Deutsche Botschaft in Prag führten. Passend zum Anlass präsentierte die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung (SLpB) die Ausstellung: „1989 Zeitenwende: Osteuropa zwischen Friedlicher Revolution und Gewalt“.

Trabis, Trabis, überall Trabis. Im liebevoll gepflegten Garten der Deutschen Botschaft in Prag stehen etliche Exemplare auf dem Rasen. Einer galoppiert gar auf vier kräftigen, mannshohen Beinen auf der Stelle. Das bronzene Objekt ist eine Leihgabe des tschechischen Signal-Festivals und das wahrscheinlich beliebteste Fotomotiv des letzten Septemberwochenendes in der Deutschen Botschaft in Prag.

Mit einem „Fest der Freiheit“ feierte die Botschaft am 28. September die Ereignisse, die vor 30 Jahren zur Ausreise von mehr als 10.000 DDR-Bürgern über die Deutsche Botschaft in Prag führten, die das Ende der Deutschen Demokratischen Republik einläuteten und zu einem damals auf diplomatischer Ebene zu klärenden Trabi-Problem in der Prager Innenstadt führten.

Um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise …

Die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung (SLpB) brachte sich passend zum Anlass mit einer eigenen Ausstellung ein: „1989 Zeitenwende: Osteuropa zwischen Friedlicher Revolution und Gewalt“. Das Interesse an der Ausstellung war groß. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer besuchte die Schau ebenso Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig. Zentral präsentierte sich „1989 Zeitenwende …“ im Garten. Wer den historischen Ort betreten wollte, kam kaum umhin, die Prager Ereignisse in diesem größeren Zusammenhang zu betrachten.

Das Deutsche Rote Kreuz schenkte zum „Fest der Freiheit“ noch einmal Gulaschsuppe aus, zeigte Feldbetten und Dokumente in originalgetreuen Zelten. Zeitzeugen und Politiker erinnerten sich. Bundesaußenminister Heiko Maas würdigte die Opferbereitschaft der Ausreisewilligen. Der damalige Innenminister für besondere Aufgaben, Rudolf Seiters, rekapitulierte die Ereignisse und den denkwürdigen Auftritt des damaligen bundesdeutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher auf dem Balkon der Prager Botschaft. „Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise …“, seine weiteren Worte gingen im Jubel der tausenden Anwesenden im Botschaftsgarten unter.

Europäische Perspektive

Mit ihrer Ausstellung lieferte die SLpB eine ergänzende, eine europäische Perspektive auf die Jahre 1989/90. Als angestellter Fotograf für die Frankfurter Allgemeine Zeitung war Mirko Krizanovic in fast alle der damaligen Ostblockstaaten gereist und hat den politischen Umbruch und dessen unmittelbare Auswirkungen auf die Betroffenen und Akteure in eindrucksvollen Aufnahmen festgehalten: Die Öffnung der Mauer, die Demonstrationen in Prag, die Schüsse der rumänischen Geheimpolizei auf Bürger, die Stürmung von Stasi-Zentralen – Mirko Krizanovic dokumentierte Momente dieser Zeitenwende. Das Ende der DDR symbolisierten für ihn auch abziehende Sowjet-Panzer und Minenräumer an der innerdeutschen Grenze.

Mehr als 40 Fotografien aus jener Zeit stellte er 30 Jahre später der SLpB zur Verfügung, darunter auch sein wohl berühmtestes Motiv aus jener Reihe: Am 12. November 1989 fotografierte er in Obersuhl nach dem Mauerfall jubelnde Menschen und einen Trabi-Korso. Die Deutsche Bundespost druckte das Motiv über 30 Millionen Mal als Briefmarke.

Mehr als Geschichte

In der in Prag erstmalig vorgestellten Bilderschau geben Texte des Dresdner Historikers Prof. Dr. Tim Buchen den Aufnahmen sowohl in der Ausstellung als auch im dazugehörigen Katalog einen Zusammenhang und einen historischen Hintergrund. Den Bogen in die heutige Zeit schlägt die Journalistin Doreen Reinhard mit einem Artikel über die NSU-Verstrickungen eines abgelichteten Zwickauer Neonazis. Als einziges gestelltes Foto, das drei sehr selbstbewusst in die Kamera blickende Neonazis darstellt, sticht die Aufnahme heraus. Genauso wie Fotografien von gestellten Leichenfunden in Rumänien regt es an zu  Diskussionen über das politische Erbe der Wende und Fake-News damals wie heute. Aufnahmen einsamer Menschen vor schmutzigen Fassaden weckten zudem Erinnerungen - nicht nur an die Prager Ereignisse, sondern auch an ein Leben im Ostblock, das vor 30 Jahren sein Ende fand.

Empfehlung: Hier geht es zu einem Videobeitrag von Dresden Fernsehen zum Jubiläumsabend.