Leben unter den Augen der Stasi

Am 5.5.2018 öffneten sich viele Türen in Leipzig und Halle für die Besucher der Museumsnacht.

In dem runden Gebäude auf dem Dittrichring, der ehemaligen Bezirksverwaltung Leipzig der MfS (Ministerium für Staatssicherheit), teilt sich das Museum „Runde Ecke“ und die Außenstelle des BStU (Die Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik) Leipzig einen Eingang zu den hergerichteten Räumen für die Museumsnacht in Leipzig und Halle. In der Vorhalle hängen Plakate die über den Widerstand gegen und dem letztlichen Ende der DDR informieren. Geht man den Aufgang zu linken Seite kommt man in das Museum. Hier kann man die teils perfiden Techniken für die minutiöse Überwachung der Ostdeutschen Bevölkerung zur Zeit der DDR finden. Maschinen zur Öffnung und Wiederverschließung von Briefen. Abhörapparate und stapelweise überschriebene und nummerierte Hörspielkassetten.

Zum rechten Aufgang gelangt man in die Leipziger Außenstelle des BStU. In Kooperation mit der Sächsische Landeszentrale für politische Bildung entwickelte das BStU viele Veranstaltungen und Vorträge, die man über den Abend besuchen konnte. Kam man im Treppenhaus an, hingen dort Profile der Personen, die zur politischen Justiz des SED-Staates gehörten. Zwischen den Etagen stehen Schaukästen, in denen über Fluchtversuche aus der DDR berichtet wird.

Dreimal findet eine szenische Lesung zum operativen Vorgang „Hohltaube“ statt. Gelesen werden die minutiösen Mitschriften der Behörden. Ausgangspunkt des Falls war der Fund eines Koffers, in dem ein Heißluftballon lag. Auf den Fund folgten akribische Ermittlungen. Sogar einzelne Überlegungen und die Gespräche mit Fachleuten werden kleinteilig festgehalten. In der Lesung findet sich auch die Aussage des „Täters“ und seine Motive für die Flucht sowie sein Entschluss, nach der Haft einen Antrag auf Ausreise zu stellen.

Eine Etage höher findet sich „das größte Puzzle der Welt“. Es sind die Akten, welche vor dem Ende der DDR zerstört wurden. Säckeweise und Räume füllend liegen die Schnipsel bereit, um von Hand oder mit Computerprogrammen rekonstruiert zu werden. Meine Vermutung ist, dass diese Rekonstruktion nicht wesentlich weniger Zeit in Anspruch nehmen würde, als die DDR existierte.

Diese Säcke bergen wohl noch viel mehr Geheimnisse und einzelne Geschichten, als schon jetzt bekannt sind. Und die Geschichten, die wir bereits gefunden haben, sind schon kaum fassbar. Diese unglaubliche Masse und die Schicksale die wir mittlerweile kennen, geben uns eine Ahnung darüber, welche Maschinerie der Überwachung und Kontrolle aufgebracht wurde, um eine Ideologie umzusetzen, die in ihren Wurzeln von Gerechtigkeit und Entfaltung des Einzelnen träumte. Daraus wurde ein Traum von vollständiger Macht und Kontrolle durch vollständige Information und Wissen.