Die Revolution im Comic

Mit „Herbst der Entscheidung“ hat die Landeszentrale ein neues Buch zum Herbst ‘89 im Angebot. Das Buch ist ein Experiment, da die Geschichte in Form einer Graphic Novel erzählt wird - ein Angebot nicht nur für historisch Interessierte. Eine Leseempfehlung.

Held der Geschichte ist Daniel Krüger. Daniel ist 17 Jahre alt und macht in Leipzig Abitur. Will Daniel studieren, muss er drei Jahre zur Armee, so die ungeschriebene Regel. Sein Vater, Genosse und Hochschullehrer, sieht das auch so. Daniel will studieren, aber drei Jahre Uniform und Kaserne - das kann er nicht. „Und wenn sie mich an die Grenze schicken, muss ich vielleicht noch auf Flüchtlinge schießen!" – das will er nicht.

Daniel haut von Zuhause ab und lässt die Schule schleifen. So ein Verhalten ist in der DDR nicht vorgesehen. Er findet bei Oppositionellen Unterschlupf. Sie verstehen Daniel, sie helfen ihm, sie beeindrucken Daniel mit ihren Diskussionen und dann ist da auch noch Katrin… Das Genossen-Kind rutscht in die Revolution hinein.

Lebendig in schwarz-weiß

Der Comiczeichner und Illustrator Peter M. Hoffmann und Autor Bernd Lindner, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Ausstellungskurator im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig, erzählen Daniels Geschichte als Graphic Novel. Sie schildern in dokumentarischem Stil eine Chronologie der Ereignisse von Anfang September bis Ende November 1989 in Leipzig. Dazu gibt es Exkurse nach Dresden und Berlin. Im Mittelpunkt der Erzählung steht die große Demonstration am 9. Oktober auf dem Leipziger Ring. In klaren und lebendigen Schwarz-Weiß-Bildern schildert die Graphic Novel die historischen Ereignisse und die kippende Stimmung in der DDR. Für Zweifel und Wandel finden die Autoren zahlreiche Grau-Töne.

Viele zentrale Figuren basieren auf historischen Vorbildern. Die Bürgerrechtler Uwe Schwabe, Katrin Hattenhauer, Gesine Oltmanns, Christian Dietrich oder Michael Arnold finden sich wieder, wie auch der kürzlich verstorbene Nikolaikirchen Pfarrer Christian Führer und sein Kollege Christoph Wonneberger. Auch mit „Zonen-Gaby" aus der Titanic gibt es ein kurzes Wiedersehen.

Das Buch erzählt nicht nur die Geschichte des Herbstes ’89. Es würdigt die Akteure der „Heldenstadt", ohne Heldenbilder zu zeichnen. Zweifel, Ängste und Enttäuschungen haben ihren Platz – die Revolutionäre erscheinen menschlich und nahbar. Nicht nur sie, auch die Genossen haben lebendige Facetten, durchlaufen glaubwürdige Wandlungen. Es ist keine Geschichte über Gewinner und Verlierer, auch keine mit erhobenem Zeigefinger.

Kein klassisches politisches Buch

„Herbst der Entscheidung" ist kein klassisches politisches Buch, nicht nur der Form als Graphic Novel wegen - soll es auch nicht sein. An wissenschaftlichen Büchern zum Herbst ’89 besteht kein Mangel, auch nicht im Angebot der Landeszentrale. Unser Ziel war, das Thema „Friedliche Revolution" Lesern nahebringen, deren Interesse für Historisches eher zurückhaltend ist.

Die Anregung der Landeszentrale nahm der Berliner Christoph Links Verlag dankbar auf und schon kurze Zeit später schrieb der Sozialwissenschaftler Bernd Lindner seinen ersten Prosa-Text. Das Thema ist ihm nicht nur aus wissenschaftlicher Perspektive vertraut, er war im Herbst ’89 in Leipzig dabei. Auch Zeichner Peter M. Hoffmann kennt die Zeit und die Ereignisse aus eigenem Erleben. Und so entstand eine fiktive Geschichte mit konkreten Bezügen zur Realität.

Endlich mal was Neues

Zur guten Lesbarkeit ohne Verzicht auf historische Genauigkeit trägt auch ein umfangreiches Glossar zu beteiligten Personen, Handlungsorten, Ereignissen und Begrifflichkeiten bei. „Herbst der Entscheidung" bietet so für interessierte Leser eine Vertiefungsebene an, ohne die Geschichte mit Daten zu überfrachten.

Die Autoren vermengen geschickt Fakten und Emotionen, Geschichte und Geschichten, Politisches und Privates. Sie erzählen mit Daniel die Geschichte der Friedlichen Revolution aus persönlicher Perspektive und auf authentische Art und Weise. Das ist nicht nur für Geschichts-Laien attraktiv. „Die Bürgerrechtler, die im Revolutions-Comic ihren Auftritt haben, sind übrigens angetan über die zeitgemäße Reflexion ihrer Taten. Endlich mal was Neues, heißt es." (Leipziger Volkszeitung)

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